Die abgelegene Tropeninsel Nias könnte eigentümlicher nicht sein: Einst von brutalen Kopfjägern mit seltsamen Totenkulten behaust, traten erst im frühen 20. Jahrhundert vorübergehend friedliche Zustände ein. Unterbrochen wurden diese im heutigen Surferparadies durch eine Mini-Revolution, angeführt ausgerechnet von einem Österreicher namens Fischer.
Nias und der Totenkult
Mit einem Trip auf die abgelegene Insel Nias, gut 100 Kilometer westlich vor Sumatra gelegen, folgt man einer Spur historischer Ereignisse, die abenteuerlicher nicht sein könnten. Erst im Jahr 1862 wurde die Insel dauerhaft von Europäern besiedelt. Dadurch hat Sie ihr einzigartiges kulturelles Erbe lange bewahren können. Dies war nicht unbedingt zum Wohle der Einwohner geschehen: Die heimischen Volksstämme waren kriegerisch, hatten brutale archaische Bräuche und handelten mit Sklaven.
Das Völkerkundemuseum in der Hauptstadt Gudungsitoli zeigt kulturelle Gegenstände aus diesen Zeiten. Eigenartig gleichgültig ging man mit dem Tod um: Verstorbene wurden nicht beerdigt – nur die Köpfe der Verstorbenen wurden in Tontöpfen vor dem Haus deponiert. Dies kam allerdings nur den wichtigsten Persönlichkeiten zuteil. Die weniger Angesehenen hing man an einer Holzschaukel im Wald auf.
Kopf gegen Braut: alte Heiratsrituale in Nias
Brutaler noch ging es bei der Brautwahl zu: Heiratswillige Männer konnten die Gunst ihrer angestrebten Frau nur gewinnen, wenn sie Ihr den Kopf von einem Ihrer Feinde nach Hause brachten.
Erst 1906 machten dem die holländischen Kolonialherren per Gesetz ein Ende. Wenn man heute auf der kurvigen Straße von Gunungsitoli nach Süden fährt, kann man allerdings nach wie vor immer wieder Gräber unmittelbar neben bewohnten Häusern sehen – ein gespenstisch-makaberer Anblick.
Die kurioseste Geschichte dieser Insel hat sich jedoch im Jahr 1942 zugetragen: So war es Nias als erster Insel Indonesiens gelungen, nach über 350 Jahren die Unabhängigkeit von der Kolonialmacht Niederlande zu erlangen. Und das unter Mithilfe deutscher und österreichischer Schiffbrüchiger – aber dazu später mehr.
Erdbeben und Tsunami - bewegte Gegenwart
Touristisch ist die Insel erst wenig erschlossen. Im Süden trifft man auf die meisten Fremden, so erzählen die Einheimischen, dort wo die Brandung am höchsten ist und Surfern aus aller Welt perfekte Bedingungen bietet. Ein Australier ist mit seinem Sohn auf die Insel gekommen, um ihm das Wellenreiten beizubringen. Hierfür gäbe es auf Nias die besten Wellen, beschreibt er, besonders im Dezember – denn die Brandung ist in der Off-Season weitaus weniger hoch als sonst.
Am Strand findet man auch Belege für die Tatsache, dass man sich direkt am pazifischen Feuerring befindet: Nach einem schweren Erdbeben im Jahr 2005 waren 80% der gesamten Hauptstadt in Schutt und Asche gelegen. Im Süden hat die Naturgewalt innerhalb weniger Minuten das komplette Riff über dutzende Strandkilometer hinweg aus dem Wasser gehoben.
Schiffsunglück im 2. Weltkrieg
Dieselben Strände waren einst Schauplatz historischer Ereignisse: Am Morgen des 23. und 24. Jänner 1942 überwanden völlig unerwartet zwei Rettungsboote die meterhohe Brandung. 65 Schiffbrüchige hatten sich nach einer tagelangen Tortur auf hoher See an Land retten können. Ihr Schiff war gut 50 Meilen östlich von einem japanischen Jagdbomber attackiert worden, und mit 478 Mann an Bord gesunken.
Diese nur 65 überlebenden Männer der Van Imhoff-Schiffskatastrophe, sollten sich wenig später mit der heimischen Bevölkerung gegen die Kolonialherren verbünden. Als ihnen in der Nacht des 28. März 1942 gemeinsam gelungen war, die wenigen Holländer auf der Insel zu überwältigen, riefen sie die 1. Freie Republik Nias aus. Als Ministerpräsident wurde der Rädelsführer, ein gewisser Herr E.L. Fischer aus Wien vereidigt. Heute weiß hier kaum noch jemand von diesem Ereignissen.
Monolith Steinspringer
Die Nachkommen der Einwohner, die damals die Gestrandeten fanden, leben heute etwas weiter landeinwärts in den Bergen. Die einzigartige Architektur ihrer Holzhäuser und der nach präziser Geometrie errichteten Dörfer sind heute der Stolz von Nias. In Desa Orahili Fau wartet zudem die Hauptattraktion der Insel: Die Monolith-Steinspringer. Als Überreste der kriegerischen Kulturen, beeindrucken junge Männer mit Sprüngen über einen 210 Zentimeter hohen Monolith.
Früher diente dies dem Training, um besser über Zäune feindlicher Dörfer springen zu können. Heute springt man für interessierte Touristen. Der Trainer der Springer erzählt, dass einer von ihnen der beste Springer von ganz Nias sei. Ein Sportidol nur für dieses bemerkenswerte Eiland, welches auch sonst so viele Besonderheiten birgt, über die man kaum noch wo jemals etwas gehört hat.
Vielen Dank fürs Lesen! Ich habe die faszinierende Insel Nias im Dezember 2016 besucht, auf der Suche nach den Spuren meines Urgroßvaters, auf dessen Lebensgeschichte mein zweiter Roman basiert, an dem ich gerade schreibe. Einige der Fotos (go Nias Tour) stammen von Java, ein Reisebegleiter der mir und dem Filmteam, mit dem ich damals gereist bin, unterstützt hat. Daher gehen 10% der Einnahmen dieses Posts an ihn.
Für mich als großer Indonesien Fan natürlich ein sehr informativer und spannender Artikel - vielen Dank dafür!
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Freut mich zu lesen, sehr gerne!
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wow.., vielen dank für deinen schönen bericht..., das mit dem heiratsding ist ein bisschen heftig, das mit den köpfen.., wenn ich daran denke wie es ausgesehen haben muss wenn die alle mit den abgeschlagenen köpfen herumrennen..., :P upvoted and followed
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haha :D
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