RE: Herr Grau

You are viewing a single comment's thread from:

Herr Grau

in hive-105106 •  5 months ago 

Logbucheintrag:


Zeit verläuft wie Schatten

Es gibt Bücher, die sich wie ein Hieb anfühlen, als wollten sie dich aus deinem lethargischen Schlummer reißen. "Es ist 5 vor 1933!" von Philipp Ruch ist eines dieser Bücher. Georg Diez nennt es eine "geistige Waffe". Doch ich frage mich, ob Waffen in einer Welt wie der meinen noch Wirkung zeigen – oder ob sie einfach in den Nebel schlagen, ohne je etwas zu treffen. Die Brandmauer, von der er spricht, sie bröckelt längst, ihre Steine zerfallen in Staub, während die Massen zuschauen und langsam an die neuen Risse gewöhnen.

Die AfD – sie steht bereit, als hätte sie sich immer schon auf der Bühne dieser brüchigen Realität befunden. Ihre menschenverachtenden Positionen, ihr Rassismus, ihr Sexismus – all das ist wie ein uraltes Gift, das die Luft durchzieht. Sie bereiten sich vor, Regierungsverantwortung zu übernehmen, so als wäre dies der natürliche Gang der Dinge. Und doch liegt ein unheimliches Gefühl auf allem. Ein Déjà-vu, als wäre das alles schon einmal geschehen. Es klingt wie die Schritte der Vergangenheit, die uns im Nacken sitzen, näher und näher.

Ruch sieht es klar. Er zieht die Parallelen zur NSDAP, als würde er in den Spiegel einer gespenstischen Wiederholung blicken. Über 2.000 Beweisstücke für die Verfassungsfeindlichkeit der AfD – und dennoch zögert man. Der gleiche verhängnisvolle Irrtum wie damals. Zu glauben, dass sie sich mäßigen würden. Zu hoffen, dass der Sturm sich abflauen ließe, wenn man ihm nur lange genug zusieht, ohne ihn zu bekämpfen.

Ich kann die Dringlichkeit in Ruchs Worten spüren. Der Aufruf zum Handeln – jetzt, bevor es zu spät ist. Die Erinnerung daran, dass diese Partei nicht nur eine temporäre Erscheinung ist, sondern eine tödliche Bedrohung für die Demokratie, die Freiheit und die Menschen, die nicht in ihr verquertes Weltbild passen. Er spricht von einem AfD-Staat, als wäre er bereits greifbar, nur eine Wahl entfernt, ein Alptraum, der darauf wartet, Realität zu werden.

Und doch – was bleibt uns? Die Mauer bröckelt, die Zeit verstreicht, und ich sitze hier, als hätte ich all das schon einmal gesehen. Es ist 5 vor 1933, und diesmal ist es vielleicht wirklich die letzte Chance. Aber handeln? Ist das nicht etwas, das anderen vorbehalten ist? Denen, die noch Hoffnung haben? Die noch an das Gute glauben?

Ruch sagt, wir dürfen diesen Fehler nicht wiederholen. Wir müssen jetzt die Fehleinschätzungen korrigieren. Ich frage mich nur, ob es schon längst zu spät ist. Die Zeichen sind da, so klar wie damals – doch wer von uns sieht sie wirklich?


Authors get paid when people like you upvote their post.
If you enjoyed what you read here, create your account today and start earning FREE STEEM!