All Cats are grey at Night... - Part I / Nachts sind alle Katzen grau... - Teil I

Deutsch im Anschluß...

The Council of Cats meets once a year in the old, abandoned barn on the outskirts of the city...

They come together from all directions: from the posh houses of the posh suburbs, from high-rise housing estates, from garden colonies. They are house cats who, on this occasion, do everything they can to escape from their owners for a few days. Free roamers who enjoy a certain amount of freedom anyway. Strays that may have had owners at some point but have lost them through various circumstances. Others have grown up on the streets and are struggling to make ends meet....

There are noble animals with a pedigree, radiantly beautiful and well cared for. You also see more and more overweight quadrupeds every year, whose owners don't really pay attention to the health of their animals, but stuff them with everything that tastes good to them out of misunderstood love. This seems particularly bizarre when you see somewhat emaciated, shaggy creatures next to them, who have to fight for their survival.

Colourful spotted, tabby, smooth black and even a few leopard-patterned cats gather to palaver about the news and problems in the cat world. There's a whole lot of both.…

Well, it has become a cherished tradition, this Council of Cats. Nevertheless, it is not always without friction; even if they all speak the same language, communication is sometimes really difficult. Their experiences and living conditions are too different, their most urgent needs too divergent.

And there is something else. Nobody says it directly, but there seems to be a kind of hierarchy. Officially, cats are independent by nature and not to be subordinated. But one can get the impression that there are specimens that take more rights and dominate the others. It takes very close observation to see through these subtle mechanisms by which such a supremacy is manifested - only rarely are open battles fought. No, it is usually very subtle tactics that are used...

~~

The theme of this year's meeting is "What are we worth?" This is in response to a disturbing trend - more and more animals are being abandoned by their owners, are not receiving good medical care, are being passed from one household to the next....

In addition, more people tend not to surround themselves with the classic pets, but either get exotic animals or breed farm animals in such a way that a life in the household seems at least possible. Mini pigs. Mini-horses. This must be a bad joke...?

There are also plenty of ethical questions to be debated: are routine neuterings now a good thing for the cat world because they prevent overpopulation? Or are they unnatural interventions in the lives of freedom-loving animals...? Implanted chips - are they a good thing because you can always be traced back to your owner? Or are they rather stupid foreign bodies under the skin that don't do anything anyway? Landlords who don't want to tolerate pets: do we understand them or is that the lowest drawer...? Animals in psychotherapy: what role can cats play for people who are not well?

It will be exciting days, no question. Who organised them, by the way, who is generally responsible for them, remains unclear. There are many rumours, assumptions. Some authority seems to have a lot of influence and an overview, that much is certain. But everything else remains speculation...

It is dawn on this autumnal Monday. More and more cats scurry across the surrounding streets, paths and meadows towards the meeting place. And yes, the darker it gets, the greyer they all appear... The barn seems illuminated; but that is due to the faded but still bright paint on the board walls. Festive, almost. And completely noiseless...

@weisser-rabe, 10th October 2023

Deutsche Version:

Der Rat der Katzen trifft sich einmal im Jahr in der alten, verlassenen Scheune am Rande der Stadt…

Aus allen Richtungen kommen sie zusammen: aus den noblen Häusern der noblen Vororte, aus Hochhaussiedlungen, aus Gartenkolonien. Sie sind Hauskatzen, die aus diesem Anlaß alles unternehmen, ihren Besitzern für einige Tage zu entwischen. Freigänger, die ohnehin ein gewisses Maß an Freiheit genießen. Streuner, die vielleicht irgendwann einmal Besitzer hatten, aber diese durch verschiedenste Umstände verloren haben. Andere sind auf der Straße groß geworden und schlagen sich durch…

Es sind edle Tiere mit Stammbaum dabei, strahlend schön und gut gepflegt. Man sieht auch von Jahr zu Jahr mehr übergewichtiges Volk, dessen Menschen nicht so recht auf die Gesundheit seiner Tiere achten, sondern aus falsch verstandener Tierliebe alles hineinstopfen, was ihnen selber gut schmeckt. Das wirkt besonders bizarr, wenn man daneben etwas abgemagerte, struppige Wesen erblickt, die um ihr Überleben kämpfen müssen.

Bunt gefleckte, getigerte, glatt schwarze und sogar ein paar leopard-gemusterte Katzen versammeln sich, um über die Neuigkeiten und Probleme in der Katzenwelt zu palavern. Von beidem gibt es eine ganze Menge…

Tja, er ist eine lieb gewordene Tradition, dieser Rat der Katzen. Trotzdem läuft er nicht immer ganz ohne Reibereien ab; auch wenn sie alle die gleiche Sprache sprechen, fällt ihnen die Verständigung manchmal wirklich schwer. Zu verschieden sind ihre Erfahrungen und Lebensumstände, zu abweichend ihre dringendsten Bedürfnisse.

Und da ist noch etwas. Niemand sagt das so direkt, aber es scheint eine Art Hierarchie zu geben. Offiziell sind Katzen ja von Natur aus unabhängig und nicht unterzuordnen. Aber man kann hier den Eindruck gewinnen, daß es doch Exemplare gibt, die sich mehr Rechte herausnehmen und die anderen dominieren. Es ist sehr genaue Beobachtung nötig, um diese feinen Mechanismen zu durchschauen, mit denen so eine Vorrangstellung manifestiert wird – nur selten werden offene Kämpfe ausgetragen. Nein, meist sind es ganz subtile Taktiken, die da angewendet werden…

~~

Das diesjährige Treffen steht unter dem Motto: „Was sind wir wert?“ Damit wird einer beunruhigenden Entwicklung Rechnung getragen – immer mehr Tiere werden von ihren Besitzern ausgesetzt, werden nicht mehr gut medizinisch versorgt, werden von einem Haushalt in den nächsten weitergereicht…

Außerdem neigen mehr Menschen dazu, sich nicht mehr mit den klassischen Haustieren zu umgeben, sondern sich entweder exotische Tiere zuzulegen oder Nutztiere so zu züchten, daß ein Leben im Haushalt zumindest möglich zu sein scheint. Minischweine. Minipferde. Das soll wohl ein schlechter Scherz sein..?

Es gibt auch jede Menge ethischer Fragen, die debattiert werden wollen: sind routinemäßige Kastrationen nun eine gute Sache für die Katzenwelt, weil sie einer Überpopulation vorbeugen? Oder sind sie unnatürliche Eingriffe in das Leben freiheitsliebender Tiere…? Implantierte Chips – sind die positiv zu bewerten, weil man so immer seinem Besitzer zugeordnet werden kann? Oder sind die eher doofe Fremdkörper unter der Haut, die eh nichts bewirken? Vermieter, die keine Haustiere dulden wollen: versteht man die oder ist das unterste Schublade…? Tiere in der Psychotherapie: welche Rolle können Katzen übernehmen für Menschen, denen es nicht gut geht?

Es werden spannende Tage, keine Frage. Wer die übrigens organisiert hat, wer generell verantwortlich dafür ist, bleibt unklar. Es gibt viele Gerüchte, Vermutungen. Irgendeine Instanz scheint mächtig Einfluß und Überblick zu haben, so viel steht fest. Aber alles weitere bleibt Spekulation…

Es dämmert an diesem herbstlichen Montag. Immer mehr Katzen huschen über die umliegenden Straßen, Wege und Wiesen in Richtung Versammlungsort. Und ja, je dunkler es wird, um so grauer erscheinen sie alle… Die Scheune wirkt erleuchtet; das liegt aber an dem zwar verblaßten, aber immer noch hellen Anstrich der Bretterwände. Festlich, fast. Und dabei völlig geräuschlos...

@weisser-rabe, 10. Oktober 2023