2 Dilettantes

in hive-107855 •  14 hours ago 

Der dilettierende Philosoph und der philosophische Dilettant


[English not here but below]

Es waren einmal zwei Zwerge, die trafen sich in einem Wald fern der Heimat. Der Wald hieß Blog-Wald, denn er bestand aus lauter Monolithen verschiedener Größen und Formen, so dass es aussah, als sei es ein lebendiger Wald und kein versteinerter Forst. Auch die beiden Zwerge wussten nicht sicher, ob dieser Wald nur tot aussah oder einfach ein bisschen arg vertrocknet war oder vielleicht noch nie gelebt hatte.

Die beiden Zwerge waren gerade dabei, sich über den Blog-Wald zu unterhalten, als ich hinzu kam. Ich trat aber nicht in das Licht ihres Lagerfeuerchens, sondern hielt mich im Schatten hinter einem der Monolith-Bäume, um sie ein bisschen zu belauschen. Das geschah nicht aus böser Absicht, sondern aus purer Neugier – und ein bisschen auch aus Vorsicht: Ich wollte keine Bekanntschaft mit ihren scharfkantigen Äxten machen…

Der eine Zwerg sagte gerade: „...bis zum Ende.“ Sie sprachen nämlich nicht ihre Zwergensprachen, weil sie einander ja fremd waren, da sie aus ganz verschiedenen Gegenden stammten und ihre jeweilige Sprachen nicht kannten. Darum redeten sie in meiner Sprache miteinander, zu meinem Glück, sonst hätte ich ja nichts verstehen können.

„Gedanken denken bis zum Ende?“, fragte der andere Zwerg zurück. „Wie sollte das möglich sein in endlicher Zeit?“ - „Das ist doch ganz einfach“, gab der erste Zwerg zurück, „nehmen Sie Prämisse Nummer 1 und Prämisse Nummer 2, bilden Sie die korrekte Konklusion – und fertig!“ - „Ach so!“, versetzte der zweite Zwerg, „Sie benutzen einfach ein Geländer!“

Es gab ein kurzes Schweigen, in das ich weit hinein grinste. Fast hätten die Zwerge mein breites Grinsen sehen können, denn es war noch viel breiter als dasjenige von Alices Katze im Baum. Aber ich stand tief genug im Schatten, und die hiesigen Bäume waren aus Stein, nicht zu vergessen. Wie dem auch sei, die Zwerge stiegen nun auch schon wieder in ihre philosophische Diskussion ein. Augenscheinlich hatte der erste Zwerg nachgedacht über das Geländer, denn er hub an und sprach die bedeutungsschweren Worte:

„Ohne Geländer zu denken, ist nahezu unmöglich. Alle Denker, die ich kenne, benutzen Geländer. Wer am Anfang noch keins hatte, borgte sich eins oder baute sich eins. Also folgere ich: das ist das beste, und ich tue es daher ebenso. Der Wahrheit muss man sich auf sicheren Pfaden nähern, nicht durch morastiges Gelände, in dem man zu versinken droht.“

Mit diesem zu Ende gedachten Gedanken setzte er sich stolz aufrecht und sah zu, wie sein Gegenüber dem Lagerfeuer ein neues Scheit des steinernen Blog-Waldes nachlegte. Während ich noch rätselte, wie die beiden Zwerge das wohl hinbekommen hatten, Bruchstücke von Monolithen zum Brennen zu bringen, erblickte ich an einen Stein-Baum in der Nähe gelehnt einen der Rucksäcke, und darin war allem Anschein nach reichlich Brennholz. Also wohl doch kein übernatürlicher Zauber im Spiel?

Das frisch geschürte Feuer wurde heller, und der zweite Zwerg betastete den Boden rings in seiner Reichweite, als ob er etwas suchen würde. Das fiel auch dem ersten Zwerg auf, und so fragte er teilnahmsvoll: „Haben Sie Ihre Pfeife verlegt?“ Keine Antwort. „Soll ich suchen helfen?“ - „Ja, bitte!“, kam es nun zurück. Der erste Zwerg sprang behende auf, schritt ums Feuer und kniete neben dem zweiten Zwerg nieder. „Nein“, sagte dieser, „suchen Sie doch bitte auf Ihrer Seite. Hier auf meiner Seite suche ich ja schon.“ - „Aber auf meiner Seite waren Sie doch gar nicht, wie können Sie Ihre Pfeife denn dort verloren haben?“ - „Das weiß ich nicht, aber wenn sie hier nicht ist, dann muss sie ja dort sein.“ - „Sie könnte doch auch im Dunkeln liegen?“, fragte der erste Zwerg. „Schon möglich, aber im Dunkeln kann ich nicht suchen, dort sehe ich ja nichts.“

Der erste Zwerg schien verblüfft. Er richtete sich abrupt auf und rief: „Aber man muss doch dort suchen, wo es sinnvoll ist!“ - „Eben“, erwiderte der zweite Zwerg, „und im Dunkeln ist es nicht sinnvoll, weil man dort nichts sieht.“ - „Aber, aber“, der erste Zwerg geriet vor Eifer ins Stottern, „aber wir können doch tastend suchen, wo wir nicht hinsehen können.“ - „Ach so? Das geht? Ist das denn nicht gefährlich?“ - „Wie: ‚gefährlich‘! Gibt es hier Schlangen oder Ungeziefer?“ - „Das weiß ich nicht, ich sehe ja nichts. Aber möglicherweise ist dort Sumpf oder Morast.“

Darauf kehrte der erste Zwerg auf seine Seite des Feuers zurück und begann dort, im hellen Bereich zu suchen. Nach einiger Zeit sagte er: „Ich glaube, ich habe Ihre Pfeife gefunden.“ - Der zweite Zwerg sprang erstaunt auf: „Wie das? Dort drüben war ich doch gar nicht!“ - „Ja, eben, darum habe ich nachgedacht. Schauen Sie doch mal in Ihre Jackentasche.“ - „In die Jackentasche? Dort ist es aber dunkel!“ Da lachten beide, und der erste Zwerg sagte: „Sie haben recht, ich muss den Weg der Wahrheit zwar dort suchen, wo ich sehen und gehen kann, aber manchmal muss ich auch bis zu Ende denken und einen kleinen Sprung ins Dunkel wagen.“



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photo: ty-ty



The dilettante philosopher and the philosophical dilettante

Once upon a time, two dwarves met in a forest far from home. The forest was called Blog Wood, because it consisted of monoliths of different sizes and shapes, so that it looked like a living forest and not a petrified forest. Even the two dwarves weren't sure whether this wood just looked dead or whether it was just a bit dried out or perhaps had never lived.

The two dwarves were chatting about the Blog Wood when I joined them. I didn't step into the light of their campfire, however, but kept to the shadows behind one of the monolith trees to eavesdrop a little. This was not out of malice, but out of pure curiosity - and a bit of caution: I didn't want to make the acquaintance of their sharp-edged axes...

The one dwarf just said: ‘...to the end.’ They didn't speak their dwarven languages because they were strangers to each other, as they came from completely different areas and didn't know each other's languages. That's why they spoke to each other in my language, luckily for me, otherwise I wouldn't have been able to understand anything.

‘Thinking thoughts to the end?’ the other dwarf asked back. ‘How could that be possible in finite time?’ - ‘That's quite simple,’ the first dwarf replied, ‘take premise number 1 and premise number 2, form the correct conclusion - and you're done!’ - ‘I see!’ the second dwarf replied, ‘You're just using a railing!’

There was a brief silence, into which I grinned widely. The dwarves could almost have seen my wide grin, because it was even wider than that of Alice's cat in the tree. But I was standing deep enough in the shade, and the local trees were made of stone, don't forget. Be that as it may, the dwarves got back into their philosophical discussion. Apparently the first dwarf had been thinking about the railing, because he started and spoke the meaningful words:

‘Thinking without railings is almost impossible. All the thinkers I know use handrails. Those who didn't have one at the beginning borrowed one or built one. So I conclude: that's the best thing to do, and I do the same. You have to approach the truth on safe paths, not through boggy terrain in which you are in danger of sinking.’

With this thought completed, he sat up proudly and watched as his counterpart added a new log of the stone Blog Wood to the campfire. While I was still puzzling over how the two dwarves had managed to get fragments of monoliths to burn, I spotted one of the rucksacks leaning against a nearby stone tree, and it appeared to contain plenty of firewood. So no supernatural magic involved after all?

The freshly stoked fire grew brighter, and the second dwarf felt the ground around him as if searching for something. The first dwarf noticed this too and asked intently: ‘Have you misplaced your pipe?’ No answer. ‘Shall I help you look?’ - ‘Yes, please!’ came the reply. The first dwarf jumped up nimbly, walked round the fire and knelt down next to the second dwarf. ‘No,’ said the latter, ’why don't you search on your side? I'm already looking here on my side.’ - ‘But you weren't on my side, how could you have lost your pipe there?’ - ‘I don't know, but if it's not here, then it must be there.’ - ‘It could be in the dark, couldn't it?’ asked the first dwarf. ‘It's possible, but I can't look in the dark, I can't see anything there.’

The first dwarf seemed taken aback. He straightened up abruptly and shouted: ‘But you have to search where it makes sense!’ - ‘Exactly,’ replied the second dwarf, ‘and it doesn't make sense in the dark because you can't see anything there.’ - ‘But, but,’ the first dwarf stuttered with eagerness, ‘but we can search by touch where we can't see.’ - ‘Is that so? You can do that? Isn't that dangerous?’ - ‘Like: “dangerous”! Are there snakes or vermin here?’ - ‘I don't know, I can't see anything. But it could be swamp or mud.’

The first dwarf then returned to his side of the fire and began to search in the light area. After a while, he said: ‘I think I've found your pipe.’ - The second dwarf jumped up in astonishment: ‘How so? I wasn't over there at all!’ - ‘Yes, that's why I was thinking. Why don't you have a look in your jacket pocket?’ - ‘In the jacket pocket? It's dark there!’ They both laughed and the first dwarf said: ‘You're right, I have to look for the path of truth where I can see and walk, but sometimes I have to think things through to the end and take a little leap into the dark.’

Translated with DeepL.com (free version)

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Very good! I enjoyed that a lot. Keep the texts coming.

Du bist unschlagbar! Und mein Lieblings-Zwerg ;-)))

Yes, very enjoyable story