Auf all meinen Wegen...
Foto: (c) Michaela Franz
Angsteinflößende Besessenheit hat sich meiner bemächtigt und längst bin ich zum Spielball nicht steuerbarer Zwangshandlungen geworden. Noch vor ein paar Jahren witzelte ich mit unverhohlener Arroganz über die allgegenwärtigen Handy-Junkies, die quasi Nonstop an ihren Geräten nestelten und deren lautstark geführten Marathon-Gespräche an Inhalten nur schwerlich zu unterbieten waren.
Mein brikettgroßes Handy lag derweil meist unbeachtet in irgendeiner Schublade und wenn ich es dann wirklich mal gebraucht hätte, blinkte mir höhnisch die Statusmeldung „Akkukapazität erschöpft“ entgegen. In einer derart verkorksten Beziehung ist man für jeglichen technischen Schnickschnack empfänglich. Der Wunsch nach etwas Neuem in Form eines Smartphones war geboren. Irgendwie war es damals dann Liebe auf den ersten Blick und so blieb es auch nicht aus, daß wir bereits wenige Stunden später im Bett landeten, weil ich mich dort in ungestörter Zweisamkeit mit den Funktionen meines Neuerwerbs vertraut machen konnte.
Auch außerhalb des Schlafzimmers erwies sich mein Smarty als wahrer Tausendsassa, dessen vielfältige Funktionen und Fähigkeiten den eigenen Hirnleistungen deutlich überlegen sind. So delegierte ich mehr und mehr Aufgaben an das elektronisches Anhängsel und kann mir absolut sicher sein, dass es mit der mir nachgesagten Nachlässigkeit ein für alle Mal vorbei ist. Doch sind es gar nicht die zahlreichen, ständig piepsenden Erinnerungsfunktionen, die ein Smartphone ausmachen, sondern die Möglichkeit, es mit -zig Tausend mehr oder weniger sinnvollen Applikationen (Apps) hochzurüsten. So laufe ich jetzt u.a. ständig mit Wasserwaage, Metalldetektor, Taschenlampe, Kompaß, Barometer, Höhenmesser und Puls- und Schrittzähler herum...
Auf Befragung kann es mir die Einwohnerzahl von Goch sagen oder sie informiert mich über das aktuelle Wetter in Tallahassee (Florida/USA). Selbstverständlich löst es auch Rechenaufgaben oder hilft mir mittels GPS-Anweisung beim Wiederauffinden des irgendwo abgestellten Fahrzeugs. Mit Smarty könnte ich mich in 63 Sprachen verständigen und somit müßte ich auch nicht etwa wortlos einen Abend mit einem aserbaidschanischen Tischnachbarn verbringen. Schnell ein Paar deutsche Sätze ins Smarty gesprochen und nahezu simultan hörte der Herr – und leider auch alle anderen Gäste - mein Gesülze in seiner Muttersprache – das Ganze funktioniert natürlich auch in umgekehrter Sprachrichtung.
Mittlerweile habe ich mein Gehirn von jeglichem intellektuellen Ballast befreit. Ein Griff in meine Jackentasche - und schon habe ich Zugang zu sämtlichem Wissen, das sich im Laufe der Menschheitsgeschichte angesammelt hat – oder wusstet Ihr etwa, dass der ehemalige Musikantenstadl-Moderator Karl Moik am 19. Juni 1938 geboren wurde oder dass unsere vormalige Bundeskanzlerin mit zweitem Vornamen Dorothea heißt? Und wer im lärmigen Großstadtgetümmel das Bedürfnis nach einem stillen Örtchen verspürt, ist gut dran, wenn er eine der zahlreichen Toilettenfinder-Apps auf seinem Smartphone installiert hat.
Die Zahl der von mir installierten Apps ist beängstigend – und täglich kommen weitere hinzu. So weiß ich jederzeit, welches Flugzeug gerade über mir herfliegt und wenn ich mein Smarty in Richtung eines Lautsprechers halte, zeigt es mir an, wer gerade was singt und liefert mir sofort die entsprechenden Songtexte zum (falsch und laut) Mitsingen.
Ohne mein Smartphone traue ich mich nicht mehr aus dem Haus – es begleitet mich auf all meinen Wegen. Und wenn ich dann in dunkler Nacht die aus der Bibel entlehnten Worte spreche „Es werde Licht“, dann wird es tatsächlich hell um mich herum. Schließlich hat mein Smarty eine auf Sprache reagierende Taschenlampen-Funktion ;-))
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Satire? Ich würde fast behaupten, das ist die nackte Realität... ;-)
Okay, es gibt auch Abstufungen, aber Totalverweigerer haben es schwer. Das fängt bei der Krankenkasse an, die nur noch mit Scans behelligt werden möchte, und hört beim Bankkonto noch nicht auf, das man nur noch mit Smarty als zweiten Faktor einsehen kann...
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Yupp. Ich verweigere mich tatsächlich so weit wie möglich, ich habe nur sehr wenige Apps installiert und nutze diese auch nur sporadisch. Pflanzenerkennung und so was. Navi. Was ich wirklich mag. Wenn es eine aufgedrückte Notwendigkeit gibt, stellen sich mir halt die Nackenhaare auf und ich will einfach nicht. Bankkonto habe ich mit SMS verknüpft, z.B. Und ja, da zahle ich für ;-))
Ich glaube, die Dinger sind nützlich, ganz ehrlich. Wenn man sie benutzt und sich nicht benutzen läßt.
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So sehe ich das auch!
Habe auch keine Spiele oder dergleichen auf dem Smartphone. Ich finde die Geräte aber gleichwohl faszinierend. Aber nicht im Sinne von unglaublich. Vielmehr weil ich an die Zeit denke, in der ich "Star Trek: The Next Generation" das erste Mal mit Speichersticks und mobilen Bildschirmen sah und dachte: Ob es solche Geräte wirklich irgendwann mal gibt?
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Hihi, meinet wegen hättest du #satire nicht hinzufügen müssen - konnte nicht angehen, dass Verfasserin und Erzähler dieselbe Person sind, dafür hast du schon zu viel Selbstpreisgabe betrieben... ;-)
Ich habe ganz viele unbeabsichtigte Ähnlichkeiten entdeckt - zum Glück nicht so viele bei mir. Ich gehöre nach wie vor zu jenen, die ausgelacht werden, wenn sie einen Zollstock suchen, die sich weigern, mit Siri zu sprechen und die Einkaufsliste noch per Hand schreiben.
Für kurze Nachrichten finde ich die Messenger schon nützlich, wobei ich allerdings auch schon Freundschaften verloren habe, weil ich "Wie geht es dir?" einfach ignorierte. Auch das Navi ist extrem praktisch. Ansonsten kriege ich regelmäßig "Ärger", weil das "Smarty" grundsätzlich leise gestellt ist - nie erreichbar, ruft immer nur zurück...
Ein Suchtproblem möchte ich jedoch nicht verheimlichen: Ich nutze SteemWorld mobil, schaue da viel zu oft drauf... ;-)
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Das ist doch sowas von gut, das "mußt du doch von berufswegen"
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LOL, ja, sch...ade, manchmal fühlt es sich fast so an... ;-)
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Ich finde finde die Smartphones ganz toll, unglaublich welche Entwicklung diese Technik genommen hat, obwohl ich ja gar kein neues kenne. Ich kriege immer die abgelgten von meinen Kindern und denke man sind die schnell und bedenke dann, es ist die relative Geschwindigkeit. Wenn ich überlegen muß, was mach ich jetzt, dann denkt das Handy und kommt noch was, oder kann ich abschalten.
Der Post ist eine gute Anleitung, welche App ich unbedingt noch haben sollte.
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Ui der herr mo vom Musikantenstadl, neim der heisst doch Moik, siehste! Sagt der kleine, so schnell war Papi beim umschalten!
Wie um Himmels Willen kommst du auf den Herrn, er wurde in Linz geboren!
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Hihi! War das abwegigste, was mir auf die Schnelle eingefallen ist ;-)))
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Realistisch und distanziert witzig beschrieben. Ohne Smarty gehts einfach nimmer, von der Aberzahl der Applikationen muss man sich halt rauspicken, was individuell nützlich ist, auch wenn es unersetzlich wird. Man kann halt auch fast schwerelos Bücher mit sich tragen, Gedanken fixieren, arbeiten und nachschlagen... Leider gehen Leute mit dem Handy spazieren anstatt mit Hund oder Baby, das dann statt Kuscheltier eine Handyattrappe im Kinderwagen stecken hat.
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