Das Buch, das noch geschrieben werden muß - geht weiter! / The book that still has to be written - continues!

in hive-146118 •  3 months ago  (edited)

english below...

Zu beschäftigt mit allen möglichen Baustellen ergab sich für mich und Euch eine kleine Pause in meiner autobiografischen Serie. Eine Gelegenheit, kurz zu reflektieren, wie sich diese neue Art Offenheit so anfühlt. Bislang kann ich nicht klagen ;-))...

Ich verlinke nur noch den letzten Teil, es wird sonst zu viel "Gepäck". Dort findet Ihr auch die Links zu den früheren Teilen, falls Bedarf besteht.

https://steemit.com/hive-146118/@weisser-rabe/59cdxf-das-buch-das-noch-geschrieben-werden-muss-geht-weiter-the-book-that-still-has-to-be-written-continues

Militär

Fünf Jahre wurden es. Fünf Jahre voller wertvoller Erfahrungen – im Nein-Sagen zum Beispiel. Nein zum Dienst an der Waffe, den ich prinzipiell ablehnte. Nein zu Befehlen, die ich nicht nachvollziehen konnte oder die ich für unsinnig hielt. Nein zu Strafarbeiten, zu Schikanen und zu blödsinnigen Kleingeistigkeiten. Fünf Jahre, von denen ich deshalb einen großen Teil unter Arrest oder im Bau verbrachte.

Das war nicht direkt schlimm – ich konnte eh die Leute um mich herum schwer ertragen und isoliert ging es mir ganz gut. Im Übrigen habe ich jede Menge gelernt und zwar richtig sinnvolles Zeug, für das ich bis heute dankbar bin: es gab mit die beste Ausbildung in Sachen Informatik, die in der DDR zu bekommen war. An westdeutschen Geräten und mit westlichen Maschinensprachen geschult habe ich bis heute davon profitiert, was uns beigebracht wurde. Das Nahkampftraining war eine gute Ergänzung meiner Kampfsporterfahrung, da es hierbei weniger um regelgerechten Sport geht, sondern um Effektivität und Schnelligkeit. Beides hat mir auch später öfter den Hintern gerettet. Meine Kondition wurde beim Sportprogramm um vieles besser und ich habe eine Art Durchhaltementalität entwickelt. Ansonsten – bei allem, was ich angestellt und eben unterlassen habe: für eine Ausmusterung hat es nicht gereicht.

Das war mein Problem: meine erste Idee war, mit Erreichen der Volljährigkeit, einfach zu kündigen. War bei den „Bewaffneten Organen“, wie es so schön hieß, nicht vorgesehen. Also gar nicht. Meine Hoffnung, daß diverse Befehlsverweigerungen und Insubordinationen mich quasi unmöglich machen für den weiteren Dienst, erfüllte sich leider auch nicht. Ich kam nicht 'raus aus dem Laden!

In Folge passierten zwei Dinge: zum Einen wurde meine weitere Laufbahn bestimmt. Ich wurde für die Flugsicherheit vorgesehen. Dazu gehörte im Verlauf der weiteren Ausbildung sowohl der Facharbeiterberuf eines Luftverkehrskaufmannes für Flugsicherung (Anflugkontrolle, Tower, Funkfeuerkontrolle…), Training für die TET (was bei uns die Terror-Eingreiftruppe war, wäre in der bundesdeutschen Entsprechung vielleicht ein Mittelding zwischen GSG 9 und Air-Marshalls…) und ein „fachrichtungsbeschränktes Abitur“.

Was ist das denn bitte? Ein vollwertiges Abitur, keine Sorge. In dem wir vermutlich die besten Lehrer hatten, die für Geld zu bekommen waren. Aber – es gab keine musischen Fächer bei uns und keine Biologie. Hintergrund war die Idee, uns auf gar keinen Fall an ein Kunst-, Musik- oder Medizinstudium zu verlieren.

Mit der Aussicht wurde bei mir eine Art Schalter umgelegt; ich habe nicht mehr verzweifelt versucht, meine Ausmusterung herbeizuführen. Die schon erwähnte Durchhaltementalität traf auf einen gewissen Ehrgeiz. Ich wollte das schon durchziehen! Die Sachen interessierten mich, von der technischen Seite sowieso und auch sonst, die inneren Strukturen und ganz ehrlich: ich war vermutlich damals schon etwas zwanghaft veranlagt. Was man anfängt, bringt man auch zu Ende! Zitat meiner Oma ;-))

Meine plötzliche Fügsamkeit und das erwachte Engagement für meine Ausbildung machten mich zum Heimschläfer. Das waren die Soldaten, die nur tagsüber in die Kaserne kamen wie zu einem normalen Arbeitsplatz, und ansonsten in privaten Wohnungen wohnten. Und ja, ich bekam auf diesem Weg meine eigene Wohnung. Nachdem ich einige Wochen in einer ranzigen Altbauwohnung im Friedrichshain, einem damals recht verfallenen Ost-Berliner Stadtteil, zur Untermiete verbrachte, vermittelte mir die Wohnungskommission der FDJ (also nein, eigentlich waren die das nicht, die wurden nur vorgeschoben…) eine Ein-Zimmer-Neubauwohnung am Rande der Stadt. Ahrensfelde. Damals eine gigantische Baustelle. Kein gepflasterter Weg, keine befestigte Straße. Baulärm, Schlamm und häßlicher Ausblick – aber 45 Quadratmeter eigenes Reich!

Die habe ich mir richtig schön hergerichtet und im übrigen die brandenburgische Wildnis, die etwa 100 Meter hinter dem Haus begann, zu schätzen gelernt.

Fortsetzung folgt

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Photo by Bernhard Kilian, alienated by me with little artifical help ;-))

english version:

Too busy with all sorts of construction sites, there was a short break in my autobiographical series for me and you. An opportunity to reflect briefly on how this new kind of openness feels. So far, I have no complaints ;-))...

I'm only linking to the last part, otherwise there's too much "baggage". You can also find the links to the earlier parts there if you need them.

https://steemit.com/hive-146118/@weisser-rabe/59cdxf-das-buch-das-noch-geschrieben-werden-muss-geht-weiter-the-book-that-still-has-to-be-written-continues

Military

It turned out to be five years. Five years full of valuable experience - in saying "no", for example. No to serving with a weapon, which I rejected on principle. No to orders that I couldn't understand or that I thought were nonsensical. No to punitive labour, harassment and stupid small-mindedness. Five years, a large part of which I spent under arrest or in prison.

It wasn't really bad - I had a hard time putting up with the people around me anyway and I was fine in isolation. Apart from that, I learnt a lot of really useful things that I'm still grateful for today: it was some of the best IT training available in the GDR. Trained on West German equipment and with Western machine languages, I still benefit to this day from what we were taught. The close combat training was a good addition to my martial arts experience, as it was less about rules-based sport and more about effectiveness and speed. Both of these things often saved my arse later on. My fitness improved a lot during the sports programme and I developed a kind of perseverance mentality. Apart from that, no matter what I did or didn't do, it wasn't enough for me to be invalidated.

That was my problem: my first idea was to simply resign when I reached the age of majority. The "armed forces", as they were called, didn't provide for that. So not at all. Unfortunately, my hope that various refusals to obey orders and insubordination would make it virtually impossible for me to continue serving was not realised. I couldn't get out of the programme!

Following this, two things happened: firstly, my future career was determined. I was assigned to flight security. In the course of my further training, this included both the skilled occupation of an air traffic clerk for air traffic control (approach control, tower, radio beacon control...), training for the TET (what was the terror intervention force in our country would perhaps be a middle ground between GSG9 and air marshals in the FRG equivalent...) and a "specialisation-restricted A-levels".

What is that, please? A fully-fledged high school diploma, don't worry. In which we probably had the best teachers money could buy. But - we didn't have any arts subjects and no biology. The idea was not to lose us to art, music or medical studies under any circumstances.

The prospect flipped a kind of switch for me; I no longer desperately tried to get myself invalided out. The aforementioned perseverance mentality met with a certain ambition. I wanted to go through with it! I was interested in the technical side of things anyway, as well as the internal structures, and to be honest, I was probably already a bit obsessive back then. What you start, you finish! Quote from my grandma ;-))

My sudden docility and the awakened commitment to my training made me a home sleeper. These were the soldiers who only came to the barracks during the day, as if they had a normal job, and otherwise lived in private flats. And yes, I got my own flat this way. After spending a few weeks subletting a rancid old flat in Friedrichshain, a rather dilapidated East Berlin neighbourhood at the time, the FDJ housing commission (well, no, they weren't actually the FDJ, they were just a proxy...) found me a one-bedroom new-build flat on the outskirts of the city. Ahrensfelde. A gigantic building site back then. No paved path, no paved road. Construction noise, mud and an ugly view - but 45 square metres of my own realm!

I made it really nice and learned to appreciate the Brandenburg wilderness that began about 100 metres behind the house.

To be continued

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Ich kam nicht 'raus aus dem Laden!

Das war eine verdammt lange Zeit für dich bei der NVA, insbesondere weil du sehr bald feststellen mußtest, daß die Art der Offiziersausbildung überhaupt nicht dein Fall war und die Befehlsverweigerungen und sonstigen Widerstände gegen die Ausbilder und Vorgesetzten dir jede Menge Zoff, Arrest und Bau bescherten. Viele hätten das nicht durchgehalten und hätten klein beigegeben. Für dich war es Mittel zum Zweck, die Ausmusterung zu erreichen. Den Gefallen tat man dir aber nicht. Ich hätte dir eine Möglichkeit nennen können. In meiner Bundeswehrzeit, Grundausbildung, waren mit mir in einer Gruppe 7 Wehrdienstler und ein freiwilliger Zeitssoldat im Wehrdienstalter. Wir erhielten 50 DM im Monat und "Er " Wehrsold, der deutlich höher war. Nach Ende der 3 monatigen Grundausbildung wurde Er nicht übernommen, sondern ausgemustert wegen "Unfähigkeit". Er hat sich so ungeschickt angestellt, gelinde ausgedrückt, daß man ihn selbst bei den "Stoppelhopsern" nicht brauchen konnte. Bitte zerreiß mich nicht weil ich das als Möglichkeit angeboten habe, denn das wär dir sicher schwerer gefallen als mit den Wölfen zu heulen, oder auch Dienst nach Vorschrift zu machen. Dein Weg war hart, für mich unvorstellbar, aber er hat dich geformt und fürs Leben vorbereitet. Der technische Dienst bei der Flugsicherung, das Abitur, waren dann ja auch eine ganz andere Superausbildung.

Hihi, Du hast eine hohe Meinung von mir ;-)) Dafür danke! Ansonsten hätte das keinen Unterschied gemacht - ich wäre nicht 'rausgekommen.

Indeed a fascinating phenomenon, transcending the realms of comprehension, simultaneously residing within and beyond the confines of understanding.

Perhaps I may not have fully grasped its intricacies, but one thing is certain - just as time's relentless forces sculpt a diamond from a rough gemstone, similarly, the trials and tribulations of life refine and polish an individual, revealing their inherent brilliance and splendor.

A lot of friendliness in the very early morning - thank you ;-))

Remind me never to look for your trouble, if we eventually see in the future.. before you punch my teeth’s out…

When u said u enjoyed going to the guard room/prison because you wanted to be isolated, it actually made me laugh..:: a place , everyone is running from, that’s the place, u wish to be…

In German army, what is the worse that could have happened, if you have gone AWOL??

Back then? Well... If it's a short episode - it happened more often; people fell in love and forgot the time, alcohol was also reason enough to forget the service... - curfew, possibly arrest (if it happened repeatedly), exclusion from a promotion round, possibly demotion. However, if it was a matter of desertion, i.e. wilfully leaving the unit and tacitly abandoning the service: violation of the oath of allegiance led to immediate dishonourable discharge. In the event that it happened during a mission, the death penalty still applied for a while under military law. However, this was no longer enforced; moreover, there were no missions for our army. So in fact nothing could actually happen ;-)) Today... nothing happens.

Hello, good morning, is it still night at my beloved sister's place😅. Oh yes, my sister @weisser-rabe nice to meet you, I'm from Indonesia. I hope my sister is always healthy and happy ❤️

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