Die Crystall Ball Challenge - wie erfolgreich bist Du beim Investieren, wenn Du die Nachrichten schon vorher kennst?steemCreated with Sketch.

in hive-175698 •  7 days ago  (edited)


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Bildquelle - pixabay

Victor Haghani ist Mitgründer der Investmentfirma Longterm Capital Management. In Anlehnung an den 1989 in die Kinos gekommenen Film Zurück in die Zukunft II mit Michael J Fox in der Hauptrolle entchloss er sich mit seiner Firma Elm Partner im November 2023 mit jungen Erwachsenen ein Experiment durch zu führen. Das Experiment hieß "The Christal Ball Challenge".

Jeder Teilnehmer des Experimentes bekam 50 US-Dollar zur Verfügung gestellt und die Chance die geschenkte Summe mit Wetten auf den S&P500 und 30 Jährige US Anleihen zu vermehren. Als Hilfestellung bekamen sie dabei die Titelseite des Wallstreet-Journals bereits einen Tag im Voraus vor Erscheinen um sich entsprechend dann mit dem Wissensvorsprung am Markt positionieren zu können. Verwendet wurden dabei die Ausgaben des WSJ aus den Jahren 2008 bis 2022. Lediglich die Kursdaten der Indizes und Märkte wurden dabei geschwärzt.

Man müsste meinen, dass die Teilnehmer dieses Experimentes mit dem Vorwissen besser abschneiden als jene die erst einen Tag Einblick in die Titelseite des Wallstreet Journals hatten. Doch dem war nicht so - im Gegenteil. Die Mehrzahl der Teilnehmer an diesem Experiment schnitt eher schlecht als gut ab.

Mehr als die Hälfte der Anleger verlor am Ende und jeder sechste Teilnehmer verlor sogar alles. Im Schnitt brachten es die Teilnehmer auf einen Zugewinn von lediglich 1.62 USD auf das eingesetzte Kapital. Eine Summe, die eher in den Bereich des Zufalls reicht.

Inzwischen kann jeder, der will das Experiment selber bei Elms Partner ausprobieren und bekommt dafür eine fiktive Startsumme von 1 Million US-Dollar zur Verfügung gestellt. Mit den Titelseiten des Wallstreet Journals aus den letzten 15 Jahren kann dann jeder ausprobieren, wie gut er im Newstrading mit Vorabwissen ist.

Inzwischen haben mehr als 8000 Menschen von der Gelegenheit Gebrauch gemacht. Das Ergebnis war ernüchternd. Von dem Startkapital in Höhe von 1 Million USD blieben am Ende im Schnitt bei allen Teilnehmern lediglich 687986 USD an Guthaben übrig, wie eine Auswertung von Elm Partners nachweisen konnte.

Welche Schlussfolgerungen kann aus diesen Ergebnissen zielen?

Obwohl die Wallstreet zahllose Ökonomen beschäftigt und ebenso die Zentralbanken und Regierungen, so zeigt die Crystal Ball Challenge exemplarisch, dass trotz eines Wissensvorsprunges die Mehrzahl der "Experten" am Ende falsch liegt. Dies gilt übrigens auch für die 400 Ökonomen welche die Federal Reserve Bank (FED) beschäftigt und die trotz massiver Billionenschwerer Expansion der Geldmengen nicht im Stande oder Willens waren die daraus resultierende Inflation vorherzusagen.

Inzwischen sagen dieselben Armeen an Ökonomen für den S&P500 Index im Konsenz einen Anstieg auf 6800 Indexpunkten für 2025 voraus. Die Analysten von Morningstar fabulieren sogar von Kursanstiegen auf 7100 im noch jungen Jahr. Ob es am Ende so kommt bleibt freilich ungewiss wie der obige ernüchternde Blick in die Glaskugel zeigt. Denn ein Wissensvorsprung führt leider nicht automatisch dazu, dass die Mehrzahl der Marktteilnehmer auf das richtige Pferd setzen wird - im Gegenteil.

Die Märkte, so wusste John Maynard Keynes es schon, werden vor allem von tierischen Instinkten getrieben - den kollektiven Gefühlen und Verhalten der Masse an Marktteilnehmern getrieben von Angst und Gier. Die Stärke des Marktes nährt den Optimismus der Massen. Dieser wiederrum führt zu einer Aufwärtsspirale, welche sich selbstverstärkend an den Märkte abseits aller fundamentalen Überlegungen zur Bewertung bis ins Irrationale steigern kann. Je höher dabei die Märkte steigen ohne die fundamentalen Aspekte der Wertschöpfung und des diskontierten inneren Wertes von Unternehmen zu berücksichtigen, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass Investoren die in solchen Aufwärtsspiralen investieren am Ende nach 10 Jahren schlechter darstehen als heute.

Inzwischen notieren viele Märkte auf historisch hohen Bewertungsniveaus - vergleichbar mit den von 1929. Dies heißt nicht, dass die Blue Chips, die nicht zuletzt auch wegen des ETF Bubble extreme Bewertungen erreicht haben nicht noch weiter im irrationalen Überschwang steigen können - und dabei fundamental Bewertungsaspekte ausblenden. Gleichwohl muss sich jeder Anleger an den Aktienmärkten bewusstmachen, dass die animalischen Instinkte sich zu gegebener Zeit auch sehr schnell in ihr Gegenteil verkehren können.

Wer selber wissen will, ob er fähig ist mit Vorabwissen wie der Titelseite des Wallstreet Journals einen Gewinn an den Aktien- und Bondmärkten zu erzielen - sprich in die Glaskugel über sein eigenes Vermögen oder Unvermögen schauen will, dem sei ein Besuch der

Christall Ball Challenge

wärmstens ans Herz gelegt.

Ich habe übrigens im ersten Durchgang immerhin noch rund 54000 USD Gewinn erwirtschaften können und im zweiten Versuch sogar mehr als eine halbe Million USD, wobei der zweite Versuch im Grunde nicht zählt und der erste Versuch eher im Vorbeigehen durchgeklickt wurde.

Wenigstens gehörte man nicht zu denen die Ihr Depot geschrottet haben oder mehr als 30 Prozent ihres Einstandes verloren.

Es zeigt sich aber auch, dass die subjektive Bewertung von Finanznachrichten beim Anlegen an den Märkten last but not least - auch bei Vorabwissen - keinen wirklichen Anlagevorteil für einen Investor darstellt, sofern er nicht auch über wesentliche Aspekte und Fähigkeiten der technischen Anlayse verfügt und nicht in der Lage ist seinen größten Feind beim Handeln an den Märkten - sein eigenes Ego - aussen vor zu lassen...

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