Einleitung: Was sind Flashbacks bzw. HPPD?
Flashbacks oder Hängenbleiben gehören zu den berüchtigsten Urban Legends oder modernen Mythen, die sich um den Gebrauch von LSD und anderen Psychedelika ranken. Sie sind auch die häufigsten Geschichten, gleich neben dem berühmten „aus dem Fenster springen, weil man glaubt, man könnte fliegen“, die man von Unwissenden als Warnung vor diesen Substanzen erhält.
Die Fakten sind:
Der Fenstersturzmythos ist purer Nonsens. Man gerät auf Psychedelika wie LSD oder Psilocin weder in ein Delirium, noch entwickelte man derartige Wahnvorstellungen. So etwas ist eher, wenn überhaupt, auf richtigen, nichtpsychedelischen Halluzinogenen möglich, wie Nachtschattengewächsen z.B.: Engelstrompete oder Tollkirsche. Wer aber Nachtschattengewächse freiwillig konsumiert, dem ist eh nicht mehr zu helfen.
(Nachtschattengewächse sind hochgiftig, können zu dauerhaften psychischen und physischen Schäden führen und die von ihnen verursachten Halluzinationen können im Gegensatz zu den von Psychedelika induzierten Pseudohalluzinationen vom Konsumenten nicht von der Realität unterschieden werden. Link zu einem Bericht über einen verheerenden, wenn auch leider typischen Nachtschattengewächskonsum: http://www.eve-rave.ch/Forum/viewtopic.php?t=33375 )
Auch das Hängenbleiben, also für immer auf einem Trip sein, ist nicht möglich. LSD und Co. verschwinden innerhalb von 48 Stunden nach der Einnahme komplett aus dem Körper (Ausnahmen sind einige neue Research Chemicals wie Bromo-Dragonfly, die bis zu 72 Stunden brauchen). Allerdings können Psychedelika durch ihre bewusstseinserweiternde Wirkung latente Psychosen ausbrechen lassen. Hierbei muss beachtet werden, dass sie nicht, wie Cannabis, Alkohol oder Amphetamine, Psychosen induzieren / erschaffen können.
Bei jemanden mit einer latenten Psychose, wird diese Psychose früher oder später von selbst ausbrechen, Psychedelika beschleunigen und verstärken diesen Prozess bei solchen Individuen nur. Großangelegte Langzeitstudien in den USA sind 2014 zu dem Schluss gekommen, dass Psychedelika auf die gesamte Lebenszeit betrachtet die Wahrscheinlichkeit psychisch krank zu werden, kaum zu beeinflussen scheinen. Lediglich eine statistisch verringerte Suizidalität konnte bei Psychedelikakonsumenten festgestellt werden.
Auch durch Psychedelika verursachte Flashbacks gibt es in dem Sinne, wie sie in populären Medien dargestellt werden, nicht. Richtige Flashbacks sind Symtptome einer Postraumatischen Belastungstörung, die im Folge eines Traumas entstehen können. Dass jemand von einem (Horror)trip genauso traumatisiert wird, dass er eine PTBS mit Flashbacks entwickelt, wie von den klassischen Auslösern wie einem Kriegseinsatz oder einer Vergewaltigung, ist sehr unwahrscheinlich.
Es gibt allerdings eine seltene „Krankheit“, die statistisch bei ungefähr bei 1 von 50.000 Psychedelikakonsumenten auftritt, wenn nicht seltener, bei der der Betroffene selbst nach dem Ende des Trips noch oder immer wieder psychedelische Pseudohalluzinationen erlebt. Diese Krankheit nennt man HPPD ( Hallucinogen Persisting Perception Disorder) und sie ist die Ursache für die Entstehung des Flashback-Mythos. Bei ihr erlebt der Betroffene meistens nur gelegentlich in Momenten der Entspannung oder auch konstant (meist schwache) Pseudohalluzinationen ähnlich wie bei einem Trip, obwohl er schon längst nicht mehr unter dem Einfluss der Substanz steht. Diese Störung ist in der Regel ausschließlich visueller Natur und sehr schwach ausgeprägt. In seltenen, starken Fällen, kommen zu den visuellen Störungen noch psychedelische Erlebnisse wie Depersonalisation, wilde Assoziationen, Veränderungen des Zeitempfindens und Synästhesie hinzu. Der Betroffene kann aber jederzeit, im Gegensatz zu einer Psychose, die Störungen der Wahrnehmung als das was sie sind wahrnehmen und sie von der Realität unterscheiden. Zwar ist HPPD an sich sehr selten, die Wahrscheinlichkeit aber davon betroffen zu sein, steigt signifikant an, desto häufiger und desto mehr konsumiert wird.
Eine weitere seltene, möglicherweise zu HPPD verwandte Störung ist das Alice-im-Wunderland-Syndrom. Bei diesem Syndrom erlebt der Betroffene die Welt in falschen Maßstäben und halluziniert. Große Dinge erscheinen klein, kleine groß und es kommt auch zu Verfälschungen bei der Wahrnehmung von Zeit und Raum und des Tast- und Geschmacksinns. Dieses selten Syndrom tritt manchmal nach epileptischen Anfällen oder bei starker Migräne auf. Es gibt einen einzigen dokumentierten Fall, bei dem das Syndrom aber auch bei einem israelischen Mann durch LSD ausgelöst wurde. Der Betroffene verweigerte jegliche medikamentöse Behandlung und die Symptome bzw. das Syndrom verschwand innerhalb von 12 Monaten von selbst. ( Link zur Studie zu dem Fall: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25841113/)
In 90% aller Fälle verschwinden die Symptome von HPPD und ähnlichen Störungen innerhalb von 6 Monaten von selbst, und bei fast allen Fällen innerhalb eines Jahres nach dem Konsum der auslösenden Substanz.
Es gibt auch einige seltene Fälle von HPPD, welches nicht von Psychedelika oder andersartigen Halluzinogenen verursacht wurde, sondern von Stimulanzien wie Amphetamin, MDMA oder Ritalin. Des Weiteren können Phänomene, wie sie bei HPPD auftreten, auch bei komplett gesunden Menschen gelegentlich spontan auftreten oder durch sensorische Deprivation, Schlafentzug oder intensive Meditation induziert werden.
Wie entsteht HPPD?
Wie genau HPPD entsteht, ist aufgrund seiner Seltenheit noch unerforscht. Allerdings hat man bei Psychedelika wie Psilocybin und DMT (Ayahuasca) entdeckt, dass sie nach dem Trip die Sensibilität des Gehirns für Serotonin erhöhen und damit für mehrere Wochen antidepressiv nachwirken. Zu wenig Serotonin, z.B.: durch eine Stoffwechselstörung, Amphetaminkonsum oder eine tryptophanarme Ernährung, führt zu Depressionen und Schlafproblemen. Zu viel Serotonin kann jedoch zu Pseudohalluzinationen führen, wie „schwimmenden“ Texturen oder „atmenden“ Wänden, wie man sie von dem Trip kennt. Möglicherweise führt diese erhöhte Sensibilität bei manchen prädispositinionierten Menschen, die sowieso schon einen hohen Serotoninspiegel haben, zu HPPD.
LSD imitiert im Gehirn die Wirkung von Serotonin an den Serotonin-5HT2A-Rezeptoren im Thalamus, die auch bei intensiver Meditation und beim Träumen aktiviert werden.
Wie wird man das HPPD wieder los?
Die Serotoninsensibilität entwickelt sich innerhalb von sechs Wochen zum Großteil zurück und komplett meist innerhalb von mehreren Monaten und damit auch das HPPD. In über 90% der Fälle verschwinden die Symptome des HPPD innerhalb von 6 Monaten.
Wichtig ist es, während das HPPD und 6 Monate nach dem Abklingen des HPPD keine Psychedelika, keine MAO-Hemmer / SSRIs und keine stimulierenden Drogen, auch kein Koffein oder Nikotin und insbesondere keine Amphetamine, zu konsumieren. Ein Supplementierung mit L-Tryptophan sollte, wenn sie betrieben wird, eingestellt werden. Der Konsum von Kaffee und dunkler Schokolade sollte gemieden werden.
Man muss dem Hirn einfach die Ruhe lassen seinen Serotoninhaushalt wieder in den Griff zu kriegen. In der Regel ist eine medikamentöse Behandlung jeder Art eher kontraproduktiv.
Ist das HPPD sehr stark ausgeprägt, haben sich das sedierende Baldrian und das neuroleptische Johanniskraut als effektiv erwiesen, die HPPD-Symptome zumindest teilweise zu unterdrücken. Baldrian kann zweimal täglich als Tee zu sich genommen werden. Wenn es nicht ausreicht, kann man es mit Johanniskraut versuchen, allerdings vorsichtig. Bei manchen verstärkt Johanniskraut das HPPD oder kann zu anderweitigen, unerwünschten und paradoxen Effekten führen.
Des Weiteren sollte der Betroffene darauf achten, möglichst viel Schlaf zu kriegen und Stress vermeiden. Auch sollte man dem HPPD keine allzu große Aufmerksamkeit schenken oder sich darüber besonders aufregen. Je verzweifelter man ist, desto stärker können sie Symptome werden. Man kann sowieso nichts machen, außer abwarten, sich entspannen und abstinent bleiben. HPPD verschwindet immer früher oder später.
Sollte das HPPD sich innerhalb von 12 Monaten nicht zurückbilden, sollte unter Umständen ein Psychiater konsultiert werden, ob nicht die Gabe von stärkeren Neuroleptika oder von Lamotrigin oder Clonidin sinnvoll wäre. Wenn das HPPD von Angstattacken oder starken Stress begleitet wird, sollte eine ambulante Psychotherapie in Erwägung gezogen werden oder zumindest das Anvertrauen der Probleme an eine nahestehende Person.
Generell liegt aber die Gefahr HPPD beziehungsweise „Flashbacks“ durch einmaligen Psychedelikakonsum zu entwickeln bei einer Wahrscheinlichkeit von 0,002%, was praktsich fast zu vernachlässigen ist. Bei hochdosierten Dauerkonsum (individuell verschieden, als Durchschnittswert öfter als 4 mal im Jahr LSD) hingegen ist HPPD fast schon unausweichlich.
Dieser Artikel wurde von einem Laien erstellt. Auch wenn bei der Recherche größte Sorgfalt aufgewandt wurde, kann die Richtigkeit der darin enthaltenen Informationen nicht garantiert werden. Wenden Sie sich bei medizinischen Fragen an ihren Arzt oder Apotheker. Nehmen Sie keine Drogen oder Medikamente ohne Rücksprache mit einem Arzt ein.
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