[26.12.2017] Anreise
Beruhend auf meinen Erfahrungen vom 32C3 in 2015 plante ich diesen Besuch meiner anfänglichen Meinung nach besser. Zunächst buchte ich in Hamburg ein Zimmer um einige Wochen später festzustellen, dass der CCC diesmal in Leipzig auf dem Gelände der Neuen Messe stattfindet. Im Juni versuchte ich ein Doppelzimmer im nahegelegenen Sachsenpark-Hotel für den Zeitraum 26.12.2017 bis 03.01.2018 zu buchen - erfolglos. Daher buchte ich im Novum Hotel Avira Leipzig Neue Messe.
Das Hotel liegt 20 Minuten Fußweg vom Messegelände entfernt in einem Gewerbegebiet. Hier ist buchstäblich der Hund begraben denn hier gibt es nix um sich zu versorgen. Im Kopf hatte ich die Hotelbilder von booking.com und Gedanken von einem Hotel wie das Neptun in Warnemünde mit einem Blick über die Stadt und abwechslungsreichen Sylvesterangeboten bzgl. Essen, Trinken und Feiern. Hier angekommen wurde mir recht schnell klar das ich diese Träume beerdigen kann und stattdessen realistische Gedanken angebrachter sind. Die naheliegensten Fragen waren demnach: Wo bekomme ich früh meinen Kaffee wenn ich das 15 € pro Person Frühstück zwischen 06:30 und 10:30 verpennt habe? Wo gibt es Mittag was zu Essen? Was kann man am Abend essen? Was hat Sylvester geöffnet und wie verpflege ich mich da? Wo bekomme ich ÖPNV Tickets?
Für die Dauer des Kongresses war die Sache mit den Tickets geklärt. Der CCC hatte im Vorverkauf auch ÖPNV Tickets für je 16 € angeboten die vom 27.12.2017 bis zum 31.12.2017 04:00 Uhr galten. Wir brauchten also nur noch Tickets für den Zeitraum vom 01.01.2018 bis zum 03.01.2018 und diese bekamen wir am Hauptbahnhof. Fahrkartenautomaten scheint es im ganzen Stadtgebiet nicht zu geben außer in den Verkehrsmitteln selber. Das finde ich gut weil das natürlich extrem Kosten spart wenn nur im Fahrzeug Automaten stehen als an tausenden Plätzen in der Stadt. Nicht so toll ist, dass man im Fahrzeug keine Tagestickets bekommt. Aber der Reihe nach.
Wir trafen am 26.12.2017 gegen 12:00 Uhr am Hauptbahnhof Leipzig ein und schlenderten zunächst mal durch die in großen Teilen geschloßene Einkaufspassage. Dann tranken wir in der Buchhandlung Ludwig im Bahhof erstmal einen Kaffee und nahmen uns ein Stück Kuchen dazu. Einschecken geht meist eh erst ab 14:00 Uhr, also blieb genug Zeit.
Anschließend ging es mit dem Taxi ins Hotel.
[26.12.2017] Hotel
Da das Sachsenpark Hotel direkt am Messegelände gelegen bereits ausgebucht war - wohlgemerkt im Juni - habe ich im Novum Avira Hotel Leipzig Neue Messe reserviert. Das Hotel befindet sich ca. 20 Minuten Fußweg von den Messehallen entfernt in einem Gewerbegebiet. In das Hotel ist ein griechisches Restaurant integriert. Sonst gibt es hier nix in der näheren Umgebung. Zur Straßenbahn sind es etwa 15 Minuten Fußweg. Dem Hotel direkt gegenüber befindet sich eine Aral Tankstelle. Diese diente uns als Quelle für Frühstück und Lebensmittel. Auf Grund der auch hier nur noch wenigen freien Zimmer buchten wir ein Comfort Doppelzimmer. Prinzipiell war alles ganz in Ordnung allerdings entspricht die Ausstattung nicht so ganz unserem Geschmack. Das Mobilar und die Amaturen scheinen schon etwas betagter zu sein. Ich erhielt den Eindruck als wäre das Hotel kurz nach der Wende grundsätzlich renoviert wurden und dann auf dem Stand der Technik stehen geblieben. Bewegungssensoren im Bad sind für mich schlechthin das Zeichen der 90er Jahre. Alle fanden es total schick mit diesen Sensoren, dann wurden sie überall eingebaut - auch auf öffentlichen Toiletten - bis man die Nachteile herausfand und ein paar Jahre später wieder alle Installationen entfernte. Nicht hier im Hotel. Hier haben sich diese Sensoren durchgängig gehalten. Aber für Selbstversorger, die nur zum Schlafen ins Hotel kommen und den Rest des Tages auf dem Kongress verbringen ist die Ausstattung des Hotels völlig ok - nur evtl. keine 4 Sterne wert - aber das ist wohl Geschmackssache. Ein paar eingestreute Bilder sollten einen besseren Eindruck geben als obige Beschreibung.
[27.-30.12.2017] Chaos Communication Congress
Um im Vorfeld Informationen zu bekommen habe ich regelmäßig den CCC Blog gelesen. Damit ich diesmal schneller Kontakt finde, habe ich mich im Vorfeld des Kongresses per Mail bei den Chaos Paten gemeldet. Einige Tage vor Beginn meldete sich dann auch mein Pate per Mail bei mir und gab mir viele Informationen in Form von Links die ich benötigte. Beispielsweise:
- Die 34c3 App (Terminplan der Vorträge)
- Die c3nav App (Lage- und Orientierungsplan)
- 34c3 Wiki als zentrale Übersicht auch über Assemblies und selbstorg. Sessions
Außerdem lud er mich mit weiteren Patenkindern in eine Gruppe des Messagers Signal ein. Über diese Gruppe tauschten wir unsere Infos aus, was ich als sehr nützlich empfand. Unter anderem wurde zu einem Meeting geladen bei dem wir den Kongress vorgestellt bekommen sollten (Treffpunkt 10:00 also 1h vor dem 1. Vortrag auf dem Kongress beim Assembly der Chaos PatInnen). Gut hier hatte ich deutlich mehr erwartet. Mir schwebte ein kurzer Rundgang durchs Gelände mit Hinweis auf die einzelnen Stationen und evtl. Kurzbeschreibungen vor. Stattdessen folgte nach ständigen Verzögerungen und warten eine Zweisprachige Ansprache mit Hinweis darauf wo man seine Sachen ablegen kann und das das Assembly diesmal komplett aus Schrott gebaut wurde. Nicht gerade sehr ergiebig. Anschließend wurden wir zum Eröffnungsvortrag geführt bei dem für uns Patenkinder extra Sitze reserviert waren. Die Idee fand ich sehr nützlich, zumindest für absolute Neulinge.
Was ich total daneben fand war, dass das Assembly der Chaos Paten nur ohne Schuhe betretbar war. Der Hinweis darauf fand sich auf einem handgeschriebenen Schild, in englisch, welches in der Dunkelheit kaum lesbar war und natürlich beim Treffen von diversen Menschen verdeckt wurde. Was entsprechende Mentoren aber nicht hinderte lautstark Neulinge auf englisch im Befehlston anzuschreien "No shoes!!!". Nicht gerade der Umgang den ich von einer weltoffenen Gesellschaft erwarte - aber gut. Mal ganz abgesehen davon das bestimmte ältere Bevölkerungsgruppen durchaus auch evtl. Probleme beim Öffnen und Schließen der Schuhe in einem relativ dunklen Raum mit vielen Menschen haben können.
Das Mitgestalten wird Neulingen leider auch nicht wirklich erleichtert. Insgesamt drängt sich der Eindruck auf man wolle bei der Veranstaltung ein altes Hacker Flair aus den Gründungszeiten des Klubs aufrecht erhalten und in Ruhe an definierten Lokations (Assemblies) unter sich seiner Arbeit bzw. seinem Hobby nachgehen. So werden die Assemblies vor dem Kongress von den Teilnehmern selbst geplant und per Formular beantragt. Evtl. werden von den Beantragten auch nicht alle zugelassen. Natürlich kann man die Leute die am Assembly sitzen jeder Zeit fragen aber wirklich mitmachen ist nicht möglich. Letzlich sind die Plätze alle belegt und man kann sich nirgends länger hinsetzen um mit zu machen. Man müsste die Leute schon vorher kennen und absprechen was sie vor haben um abschätzen zu können ob man bei der Gruppe mit machen möchte. Da es aus meiner Sicht bestimmt über 100 Assemblies gab und man die Infos zum Wiki oder der Übersicht erst nach Eröffnung bekommt oder vorab von seinem Paten ist es sehr schwierig vorab festlegen zu können welches Assembly einen interessiert und wo man es findet.
Das gleiche Problem stellt sich auch bei den selbstorganisierten Sessions. Da diese auch noch termingebunden sind, stellt es sich als wirklich schwer heraus an einer Session die ein interessiert teilzunehmen.
Was ich von der OOP her gewöhnt bin und hier komplett fehlte waren Stromquellen in Pausenbereichen. Sowas benötigt ein technologielastiger Kongress einfach um das Akku vom Handy zu laden oder den Laptop beim Streaming zu versorgen. Mal sehen ob sich das zukünftig über eigene Assemblies realisieren lässt. Aus meiner Sicht ein Konzept das unterstützt werden sollte: Assemblies explizit mit reservierten zusätzlichen Plätzen zum Mitmachen, Entspannen und Auftanken. Das man die benötigten Kabel und Verteilerdosen alle selbst mitbringen muss ist mir inzwischen klar. Unklar bleibt woher die Tische und Stühle kommen. Werden diese vorher per Formular beantragt und vom Club beim Messemanagement reserviert oder müssen diese auch selbst antransportiert werden. Könnte ein wenig problematisch werden mit 4 Tischen und 16 Stühlen im ICE zu reisen ;-)
Wo allerdings ganz einfach mitgemacht werden kann ist offensichtlich das Engelsystem. Scheinbar beginnt der ganze Aufbau des Kongresses bereits 1 Woche vor offiziellen Start. Man kann sich in Schichten einteilen lassen um beim Aufbau zu helfen. Natürlich muß man für die Zeit irgendwie eine Bleibe haben, denn in den Hallen darf man nicht übernachten. Der Aufbau eignet sich damit eher für Leute aus der Umgebung und jene die im Ort Bekanntschaft haben oder ein nahegelegenes Hotel.
Aber auch für den Abbau werden mehrere Tage veranschlagt und auch hier kann sich jeder beim Engelsystem melden und mitmachen. Aus meiner Sicht stellt dies den einfachsten Einstieg ins Klubleben dar. Hierbei kann man bestimmt genügend Bekanntschaften schließen um auch mal sein eigenes Assembly aufbauen zu können.
Natürlich gibt es noch viele andere Möglichkeiten wie man mithelfen kann. Es werden stets Ersthelfer fürs CERT benötigt und Saalengel welche die Menschenströme leiten und in Richtung freier Plätze oder einfach in die richtige Richtung schicken. Auch werden Engel am InfoDesk benötigt die alle möglichen und unmöglichen Fragen versuchen zu beantworten.
Auch wenn der Kongress vorwiegend vom Mitmachen lebt vielleicht doch noch ein paar Worte zu den Veranstaltungen selber. Die Eröffnungsveranstaltung war zwar sehr gut aber dennoch wurde so getan als hätten wir Deutsche alle die gleiche geschichtliche Vergangenheit. Wenn man davon redet wie sich die 68er auflehnten und dann die BTX Gruppen diese Art der Revolution weiter ausbauten ignoriert man natürlich den Fakt das im Osten Deutschlands die Menschen und die Jugend auf Grund des Technologie Embargos der westlichen Besatzungsmächte keine computeraffinen Gruppen herausbilden konnten. Auch das finde ich hätte erwähnt werden können. Die Seitenhiebe auf Pegida und Co. mögen ihre Berechtigung haben aber insgesamt empfand ich es wie eine pauschale Verurteilung des Ostens. Ich finde solange man im Club gegen Pauschalisierungen wie sie von Pegida und Co. betrieben werden vorgeht, sollte man auch selbst nicht mit Pauschalisierungen glänzen.
Noch ein paar Worte zum Öko Gedanken. Offensichtlich legt der Club ja Wert auf ökologische Nachhaltigkeit. Da passt zwar ein Stand mit veganem Angebot sehr gut dazu aber tonnenweise Fastfood und Plastikgeschirr hatte ich nicht erwartet - aber bekommen. Ich denke hier können wir alle noch besser werden, zumal die Paten ja extra erwähnten, dass ihr Assembly diesmal komplett aus Schrott gebaut wurde.
Dann noch ein paar Worte zur politischen Korrektheit. Klar die Bewegung gibt es und sie mag ihre Berechtigung haben auch wenn sie einigen Leuten bisweilen ein bischen zu weit geht. Da sollte sich jeder seine eigene Meinung bilden. Mir erschließt sich jedenfalls nicht der Sinn der überall auf dem Kongress bereitgestellten Unisex Toiletten. Da stehen die Jungs also in Reih und Glied rechts an den Pissoirs und die Frauen warten davor auf eine freie Kabine auf der linken Seite. Die erste Frau in der Tür ruft dann netter Weise zur rückwärtigen Schlange 2 Urinals frei. Ist das so gedacht? Da waren wir ja zu Ostzeiten schon ganz gut unterwegs mit unserer FKK (Frei Körper Kultur). Weshalb belächelt man uns im Westen dann heute immernoch dafür? Ich dachte immer es geht um bessere Privatsphäre - die hat aus meiner Sicht durch die Unisex WCs deutlich abgenommen. Es hat jetzt eher das Feeling eines Dorfbesäufnisses oder etwas wie in Erlangen "Der Berg", wo man so voll ist, dass es einen nicht mehr stört wo, wie und vor wem man sich entleert.
Trotz dieser kritischen Zeilen (das wird man ja noch schreiben dürfen ;) ) war der Kongress aus meiner Sicht wieder ein voller Erfolg. Die wichtigsten Themen wurden aufgegriffen und es wurde aufgeklärt. Da inzwischen immer mehr "Normalos" wie ich zum Kongress kommen, werden bei 15000 Besuchern auch endlich weitere Bevölkerungsgruppen erreicht und für Probleme der Computersicherheit und Schlamperei von Firmen und Regierung sensibilisiert.
Wie immer freue ich mich auch jetzt schon auf den nächsten Kongress - so mir der Kartenvergabegott bei der nächsten Onlinevergabe wieder gnädig sein mag.