Steuerfinanzierte Software - sollte open source sein

in huluvu424242 •  7 years ago  (edited)

Hallo allerseits,

ich war eine ganze Weile Fellow bei der FSFE und habe dabei unter anderem einmal versucht über die Piraten einen Vorschlag in Erlangen einzubringen nach dem vom Bürger finanzierte Software als freie Software im Internet bereitgestellt werden soll. Der Antrag findet sich aktuell noch hier im Internet:
https://openantrag.de/erlangen/die-quelltexte-steuerfinanzierter-software-sollten-der-oeffentlichkeit-bereitgestellt-werden

Sehr weit bin ich damit nicht gekommen :( aber hier möchte ich nochmal kurz meine Intention dazu darlegen.

Also die Zentrale der Bundesagentur für Arbeit befindet sich bekanntlich in Nürnberg. Diese nutzt ein internes IT-Systemhaus um ihre Software entwickeln zu lassen. Zu dieser Software gehören unter anderem die Webseite der Bundesagentur für Arbeit und viele der dort verlinkten Anwendungen wie die Jobsuche, die Online Arbeitssuchendmeldung, BERUFENET, KURSNET, BerufeTV etc. aber auch rein intern genutzte Software wie VERBIS, KIWI etc. Insgesamt gab es zeitweise bis zu 200 sogenannte Produkte. Hinter jedem dieser Produkte versteckt sich praktisch ein Softwareprogramm oder eine Portalanwendung.

Die Bundesagentur für Arbeit untersteht dem Ministerium für Arbeit und Soziales. Die Agentur bekommt zur Erledigung ihrer Aufgaben Gelder aus dem Bundeshaushalt, welche praktisch aus Steuergeldern stammen. Diese Mittel werden offensichtlich für diverse Dinge benutzt: Es müssen Räumlichkeiten angemietet, Mitarbeiter bezahlt werden, es werden Aktionen wie http://dasbringtmichweiter.de/ finanziert und natürlich die zu schaffenden technischen Bedingungen.

Zur Schaffung der technischen Bedingungen verfügt die Bundesagentur für Arbeit über 2 interne Strukturen welche ein bischen an Tochterfirmen erinnern. Das Service Haus kümmert sich um Räumlichkeiten, Mietverträge, Arbeitsplatzausstattung etc. und das IT-Systemhaus kümmert sich um die Rechenzentren, die Server und die darauf laufenden Programme.

Für die Anzahl der Mitarbeiter der Bundesagentur für Arbeit gibt es einen Stellenplan. Dieser regelt klar wie viele Mitarbeiter von der Agentur in welchem Bereich beschäftigt werden dürfen. Zur Unterstützung der Mitarbeiter werden zur Lösung spezieller Probleme (Dinge wo Expertenwissen notwendig ist, da z.B. die Technologie recht neu ist oder irgendwelche anderen Risiken bestehen) externe Berater über speziell dafür vorgesehene Haushaltsmittel für zeitlich begrenzte Abschnitte hinzugezogen. Zwar gibt es hier eine hohe Fluktuation, da ja stets andere Experten benötigt werden aber im Mittel scheinen die Zahlen der vor Ort tätigen Berater über die Zeit nicht groß zu schwanken oder zumindest scheint immer eine größere Anzahl an Beratern vor Ort für die Bundesagentur für Arbeit tätig zu sein.

Die Software selbst wird in der Regel auf Servern in von der Bundesagentur für Arbeit angemieteten Rechenzentren gehostet. Es werden aufwändige Prozesse betrieben um eine möglichst hohe Qualität der Software sicher zu stellen.

Mein Vorschlag besteht nun einfach darin, die Server auf denen die Quelltexte der Programme liegen der Öffentlichkeit per Internet zugänglich zu machen. Natürlich nicht schreibend, nur lesend wie dies auch auf der github Plattform geschieht. Somit könnte jeder Bürger der sich dafür interessiert die Quellen lesen und bei Bedarf Verbesserungsvorschläge an die Bundesagentur richten. Technologisch könnte solch ein Verbesserungsvorschlag einfach einen Pull Request im Git Repository darstellen.

Dieses Vorgehen hätte aus meiner Sicht folgende Vorteile:

  • Mitarbeiter welche an der Software arbeiten hätten immer ein enormes Interesse daran, dass ihre eigenen Beiträge von höchster Qualität sind, da ihre Commits ja öffentlich lesbar wären.
  • Mitarbeiter könnten gegenüber dem Management einfacher argumentieren, weshalb das Feature noch nicht live gehen soll - weil sie ja jetzt mit ihrem persönlichen Nicknamen im Internet dafür gerade stehen und ihre Reputation auf anderen Entwickler Plattformen davon beeinflusst wird.
  • Die Geldgeber (Steuerzahler) könnten die Programme bereits im Entstehen prüfen und bewerten. Dies könnte ganz im Sinne der agilen Softwareentwicklung zu sehr frühen Feedback führen und nicht zu solch Problemen wie bei ROBASO.
  • Softwareentwickler aus der Bevölkerung könnten Verbesserungsvorschläge einbringen z.B. über PullRequest's. Das kann ebenfalls zur Reduzierung von Kosten führen, wenn dadurch kostenlos Arbeitsleistung verwertet werden kann.
  • Die Sicherheit der Systeme sollte steigen. Systeme welche durch das Geheimhalten spezifischer Informationen (Verschlüsselungsalgorithmus etc.) geschützt werden, werden allgemein nicht als sicher eingestuft. Bei offen gelegten Quelltexten würde somit auch die Sicherheit der Anwendungen steigen, da nun die Sicherheit über "anständige" Sicherheitsverfahren bereitgestellt werden muss. Wobei ich denke, dass dies bereits der Fall ist. Die Offenlegung der Quelltexte wäre trotzdem ein Vorteil, da es ab dann auch temporär keine schlechtere Lösung mehr geben darf.

Da die Piraten in Nürnberg nicht genug Stimmen zusammen bekamen, habe ich den Vorschlag in Erlangen eingebracht. Ich denke, dass es auch dort Behörden gibt welche ihre eigene Software schreiben. Daher sehe ich nicht warum der Vorstoß auf Bundesebene hätte geschehen sollen außer vielleicht weil einige Kommunalpolitiker keine Lust haben sich mit solchen Dingen zu befassen und es ihnen lieber wäre wenn es der Bund entscheiden würde. Der Bund aber würde so etwas nur befürworten wenn es gelungene Tests in Kommunen gegeben hätte. Warum also nicht gleich in einer Kommune damit beginnen und dann auf andere ausweiten?

[Update]
Eine sehr interessante Initiative in Richtung open source in Firmen bietet der Verein Tossca e.V.. Zur Einbeziehung von Behörden gab es bei meinem Gespräch 2015 auf der OOP in München vom Verein her allerdings noch rechtliche Bedenken. Vielleicht sind diese ja heute nicht mehr relevant? Es würde mich natürlich sehr freuen wenn es zukünftig Zusammenarbeiten über diesen Verein mit Behörden gäbe. Denn auch dann wäre der Weg für den Einzug von open source in Behörden geebnet.

[Update]
Da fällt mir ein, ich hatte auch mal eine Tasse zum Thema entworfen. Recht teuer aber ich verdiene leider nix dran - hätte mir einen anderen Dienstleister suchen sollen - zu spät :)
http://www.vistaprint.de/vp/gateway.aspx?s=4009498014&preurl=%2fshare-design.aspx%3fdoc_id%3d2614152639%26shopper_id%3d2XIILKHO4LQIJKNINRN7PNHIHLQERHWK%26xnav%3dsharesource_8%26share_key%3dbf3fdac0-b2b4-48c9-b9ba-c3a470fc9204

[Update]
Hier kann mit gemacht werden - sagt Euren Politikern, dass steuerfinanzierte Software frei sein soll.
https://publiccode.eu/de/#action

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Danke für den Beitrag.

Es ist immer wieder schön Menschen zu treffen die was in der Birne haben und nicht nur nachplappern was mal gehört wurde. Dein Upvote kommt noch, wenn ich volle Steempower habe, damit du das Maximum bekommen kannst.

Eine kleine Aufmerksamkeit lass ich Dir aber schon mal in Deiner Wallet.

Vielen Dank für die Steem - ein super Gefühl :) - Danke.

Die Guten müssen zusammenhalten!
Allein schafft Niemand etwas.

Wir müssen mal irgendwas gegen die Blödheit äääähhmmm. Bequemlichkeit der Menschen unternehmen, nur leider bin ich gerade zu blöd ... ähhhmmmm .. bequem .. mir was auszudenken. :D