Über den Libertarismus und das NAP

in libertarismus •  7 years ago 

Es gibt einen weit verbreiteten Irrtum, dass Libertäre Reiche vor Armen schützen. Das ist Unsinn. Libertäre schützen das Opfer vor dem Aggressor. Es ist uns nämlich egal, ob das Opfer reich oder arm und ob der Gewalttäter reich oder arm ist.
Für einen Libertären heilt das Ziel niemals die Mittel. Alles, was den Libertären interessiert, ist, welche Mittel ihr für die Erlangung eurer Ziele verwendet. Welche Ziele ihr habt, ist uns gleichgültig. Wenn ihr Gewalt für die Erlangung eurer Ziele – egal, wie nobel sie sind – anwendet, ist euer Ziel abscheulich.

Für alle anderen Ideologien – Nationalismus, Sozialismus, Traditionalismus, Konservatismus, Kommunismus etc. – rechtfertigt das Ziel beliebige Mittel. Wenn z.B. ein Nationalist einen Nationalstaat aufbauen möchte, ist für ihn die Unterdrückung ethnischer Minderheiten oder deren rechtliche Diskriminierung vollkommen in Ordnung. Für die LGBT-Aktivisten in den USA ist es auch in Ordnung, Bäcker zu zwingen, Torten für ihre homosexuelle Hochzeiten zu backen, denn sie finden das legitim – ihr Ziel rechtfertigt die von ihnen eingesetzten Mittel.

Was bedeutet das Verbot von Gewaltanwendung? Das bedeutet nicht, dass ihr kein Recht habt, euch zu wehren. Schließlich unterscheiden wir uns sehr von den Pazifisten. Der Libertarismus ist kein Pazifismus, denn wir schützen immer das Opfer vor dem Aggressor. Für die Libertären ist die Möglichkeit des Opfers, sich vor dem Aggressor zu wehren, von prinzipieller Bedeutung. Folglich dürft ihr keinem Menschen einen Klatsch geben, jedoch soll das Opfer stets das Recht haben, zurückzuschlagen. Genau deswegen sind Libertäre für freien Waffenbesitz. Denn mittels der staatlichen Gewaltmaschinerie kann man nur ein Opfer entwaffnen. Den Gewalttäter ist es unmöglich, zu entwaffnen, er bleibt immer bewaffnet – sei es der Staat oder eine organisierte kriminelle Bande, was im Prinzip ein und dasselbe ist.
Wiederum: was bedeutet das alles? Wir möchten euch nicht dazu zwingen, Waffen zu besitzen. Vielmehr, wenn ihr bei euch zuhause Waffen verbieten wollt – oder in eurem Café, eurem Laden oder eurer Schule (einer privaten natürlich) – ist das vollkommen legitim, denn ihr verfügt über eure eigene Freiheit.

Die ideale libertäre Gesellschaft ist keine Gesellschaft des "unbändigen" Kapitalismus. Vielen Libertären gefällt der Kapitalismus nicht und sie würden gerne in ihren eigenen Sozialkommunen oder -gemeinden leben, einschließlich religiösen. Von der libertären Perspektive ist das durchaus wunderbar. Solange ihr eine gewaltfreie Lebensweise führt, ist jede Entscheidung, die ihr für euch selbst trifft, wertvoll per se. Wenn das Gefühl der eigenen Überlegenheit euch dazu zwingt, andere Menschen zu bevormunden, seid ihr keine Libertären mehr.

Stellt euch jemanden vor, den ihr hasst. Nehmen wir an, einen verrückten Nationalisten, der sein Kind in eine Schule für Weiße schicken will. Oder einen fanatischen Gläubigen, der sein Kind des Kreationismus belehrt. Solange sie euch keine eigenen Wertvorstellungen und Lebensweisen gewaltsam aufzwingen – unter anderem mit Hilfe des Staates – sind sie keine Aggressoren. Dafür kann sich eurer guter schwuler Freund, der gestern für die LGBT-Rechte gekämpft hat, als es aktuell war, morgen zu einem Staatsmann und Aggressor transformieren, denn er beginnt, das Werkzeug der Gewalt – den Staat – in eigenem Interesse zu nutzen.

Darauf wird meistens wie folgt reagiert: "Was ist denn so Böses an einem Staat, wenn die Ziele gut gemeint sind?" Der Staat ist so eine Art Meisterring, der immer wieder zu seinem Herrn zurückkehrt. Es ist vollkommen egal, aus welchen Motiven ihr das Werkzeug der Gewalt erschafft. Man muss immer aus dem Gedanken ausgehen, dass dieses Werkzeug unausweichlich in die Hände deren gelangen wird, die ihr hasst. Und dieses Werkzeug wird immer gegen euch selbst angewendet.

Man darf die Macht des Staates genau aus diesem Grund nicht verstärken: Heute habt ihr den Eindruck, dass ihr am Herrschaftssteuer seid und alles tun könnt, was ihr wollt; morgen wechselt der Meisterring den Besitzer und ihr selbst werdet anschließend von der staatlichen Presse zerquetscht.

Es gibt einen weiteren Irrtum über den Libertarismus, dass wir absolute Freiheit propagieren. Das ist falsch. Der Libertarismus ist ein moralischer Kompass, auf den wir drauf schauen, um zu bestimmen, ob die eine oder andere Erscheinung Gut oder Böse bzw. gewaltfrei oder gewaltsam ist. Wenn sie gewaltfrei ist – auch wenn sie uns persönlich abstoßend zu sein scheint – so hat diese Erscheinung eine feste Existenzberechtigung. Nur ihr habt keinen Bezug zu dieser Erscheinung und könnt euch davon distanzieren.

Libertäre verteidigen das Recht, zu lieben, ebenso wie das Recht, zu hassen – das ist für uns prinzipiell! Wir verteidigen das Recht des Homophoben, Schwule zu hassen, solange er ihnen seine eigene Weltanschauung nicht gewaltsam aufzwingt. Und wir verteidigen die Rechte der LGBT-Community, solange sie ihre Ansichten nicht gewaltsam aufzwingen. Für uns ist das absolut schnuppe.

Für einen Libertären ist die Freiheit von Bedeutung, und nicht das, was man mit ihr macht. Uns ist es vollkommen gleichgültig, wie ihr mit eurer Freiheit umgeht, solange ihr nicht die Freiheit anderer einschränkt.

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Hab dazu ein bisschen was zu sagen. Ich bin für kleine Kommunen und Individualität, aber das NAP finde ich eher lächerlich. Gerne bei Gelegenheit ausführlich, hab aber gerade keine Zeit.

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