Envestio – Eine Business-P2P-Plattform

in p2p •  6 years ago 

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Bereits zuvor habe ich ja angedroht, dass ich dieses Jahr mit Spielgeld zunehmend ein paar neue P2P-Plattformen austesten möchte. Dabei vertrete ich eben den radikalen Ansatz, dass man überall „in the skin“ sein muss, um überhaupt ein realistisches Urteil abgeben muss. Denn immer erst dann, wenn es um echtes Geld geht, trifft man auch echte Entscheidungen.

Heute möchte ich einmal die P2P-Plattform Envestio (https://envestio.com/) vorstellen. Es handelt sich hierbei um eine sog. Crowd-Investing Plattform. Von der Idee her stellt eine Person ihre Geschäftsidee vor und sammelt von mehreren Investoren kleinere Beträge ein. Erreicht man das Ziel, wird das Geld ausgeschüttet und damit gearbeitet. Im Gegensatz zu einer klassische Crowd-Plattform kauft hier allerdings niemand das fertige Produkt, sondern man ist eben Investor und bekommt entsprechend einen Teil des Gewinns ausgeschüttet.

In der Praxis würde ich das ganze weniger fancy ausdrücken und sagen, dass es sich um eine Plattform für Business-Kredite handelt. Das klingt weniger abgehoben und beschreibt es im Kern eben auch besser, da bei „Investment“ immer irgendwie auch mitschwingt, dass man Anteilseigner ist. Dies ist hier allerdings klar nicht der Fall!

Wie viele P2P-Plattformen der letzten Jahre kommt auch diese aus Estland, da das Land eben mit seinem wirtschaftlichen Aufschwung und seinem positiven IT-Umfeld solche Projekte stark begünstigt. Für einen Deutschen also grundsätzlich eine positive Sache, da man eben innerhalb der EU bleibt und auch leicht mittels SEPA Geld austauschen kann.

Wieso sollte man also Envestio nutzen? Nun nach der Werbung kann man hier Rendite von bis zu 22% erreichen. In der letzten Zeit scheint hier allerdings ein Wert um die 18% wesentlich realistischer zu sein. Die angebotenen Projekte reichen von Cryptomining, über Holzpaletten über Sägewerk, Fischindustrie über Fruchthandel. Unterm Strich also eher Branchen, die man auf dem ersten Blick vielleicht nicht gerade als Sahnestücke des Investments ansehen würde und meist einen eher saisonalen Charakter haben.

Aber man muss eben auch realistisch bleiben und kann bei den Renditen erwarten Geschäfte vorzufinden, die klare Greenlights sind. Rendite kommt vom Risiko! Niemand ist bereits einen solchen Zins zu zahlen, wenn er leicht anderweitig an Geld kommen würde. Der sainsonale Charakter spiegelt sich auch in der Laufzeit wieder, die zumeist um die 6 Monate ist, selten länger als ein Jahr. Es wird eben irgendwo Geld benötigt um einen Rohstoff abzubauen, es wird Geld gesammelt und anschließend ein Teil des Gewinns eben wieder ausgeschüttet.

Man kann nun natürlich sagen, dass dies ja grundsätzlich eine gute Idee sein könnte, da zumindest der Geschäftsinhaber denkt, dass er eben unter entsprechenden Konditionen wirtschaftlich arbeiten kann. Aber es gibt eben immer mal unerwartete Ereignisse. Man denke nur mal daran, dass eine Waldfläche vom Borkenkäfer dahin gerafft wird, die in den nächsten Monaten dann abgeerntet werden sollte.

Für einen Ausfall bietet die Plattform bei besicherten Projekten 80-90% Rückkauf an. D.h. als Investor bleibt man im Falle eines Ausfalls auf einen Teil des Verlustes sitzen. Mich interessiert hier an der Stelle natürlich, wie das Verhältnis zwischen Zins und Ausfallquote langfristig zu sein scheint. Bisher scheint die Zahlungsmoral recht ordentlich zu sein und die meisten der Projekte eine Anschlussfinanzierung zu bekommen.

Ich bin jetzt mit 200 € in insgesamt 3 Projekten beteiligt. Dafür gab es seitens der Plattform auch nochmal 5€ oben drauf. Die ersten Zinsen um die 17% wird es nun Ende Mai geben. Im Dashboard bekommt man dann eine Zahlungsaufstellung, wann die jeweiligen Zinszahlungen erfolgen. Die Tilgung erfolgt dann zum Ende des Kredites.

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Die Registration erfolgt wie bei jeder anderen Plattform auch und es erfolgt danach ein ein KYC-Verfahren bei dem man sich verifizieren lässt. Durch Geschwindigkeit hat sich die Plattform hier an dieser Stelle bisher nicht ausgezeichnet. Gerade Newcomer wie Grupeer haben dort eine wesentlich fixere Geschwindigkeit an den Tag gelegt. Schieben wir es aber bisher erst einmal auf die Feiertage in Estland...

Die Überweisung selbst lief absolut unproblematisch ab. Eine Überweisung per SEPA an das angegeben Konto übergeben und im Verwendungszweck die entsprechende Investorennummer und schon wurde es nach wenigen Tagen eingebucht.

Kommen wir also nach der Vorstellung zu einer näheren Betrachtung. Bei 22% Rendite und der Möglichkeit sein P2P-Risikokapital (!) ein wenig diverser aufzustellen, kann man sich doch nur freuen und fröhlich überweisen! Oder doch nicht? Leider nein, da es eben auch einige eher negative Aspekte gibt. Zum einen gehört dazu natürlich, dass die Plattform erst 2017 ans Netz gegangen ist und damit eine eher geringe Historie ausweist. Lang genug um zu wissen, dass man dort wirklich Geld verdienen kann. Aber nicht lang genug, um sich sicher zu sein, dass der Rückkauf der Plattform auch wirklich finanziell gedeckt werden kann.

Wie bei fast allen Rückkaufgarantien ist es am Ende eben nur ein Lippenbekenntnis. In diesem Fall von der Plattform selbst, so dass natürlich ein nicht unerhebliches Clusterrisiko vorliegt. Immerhin verteilt es sich bei Mintos ja über mehrere Anbahner. Und im Gegensatz zur SPV-Konzept von Reinvest24, ist man eben nicht direkt Anteilseigner, so dass es im Falle eines Ausfalls der Plattform durchaus Probleme geben kann an die eigentlichen Unternehmen zu treten.

Ein weiteres nicht zu unterschätzendes Problem ist das fehlende Autoinvest. Nicht selten gab es neue Projekte um 15 Uhr eingestellt und bereits gegen Abend waren diese dann vollständig finanziert und nicht mehr verfügbar. Dies ist bei Größen von 200k€ schon eine recht beachtliche Menge an Kapital, dass da von den Investoren kommt. Aber die Anzahl der Projekte scheint nicht auszureichen, um stets das gesamte Kapital vernünfig zu binden. Entsprechend schnell sind diese dann finanziert und der kleine arbeitende Investor schaut in die Röhre, da er eben nicht täglich auf der Plattform schaut oder eben zur Verfügung steht.

Somit ist nicht auszuschließen, dass eben über einen längeren Zeitraum Geld geparkt wird und nicht verzinzt wird. Gerade dieser Aspekt macht die Plattform aus meiner Sicht extrem unattraktiv. Diesen Monat gab es glücklicherweise eine Ankündigung, dass 3 neue Projekte folgen, weswegen ich rechtzeitig Geld überweisen konnte. Stehen diese allerdings in den Sternen, gibt es sicherlich bessere Möglichkeiten für sein Geld.

Unterm Strich sind meine Erwartungen an die Plattform daher gedämpft und ich habe nicht vor größere Beträge anzuhäufen. Es ist für mich eine Art Iuvo. Man bekommt hochriskante Anleihen angeboten, die durchschittlich gut bedient werden und man gleichzeitig ein größeres Clusterrisiko hat, was einen selbst bei einem gut laufenden Geschäft davon abhalten sollte zu große Beträge anzulegen.

Auf der anderen Seite kann man hier eben auch bereits mit einem Euro dabei sein, was vielleicht für den einen oder anderen ein positiver Aspekt ist. Denn immerhin gibt es bei Mintos mit seinem 10€ oder eben einem Reinvest24 mit 100€ eben auch für die anlaufenden Zinsen sehr viele Todzeiten in denen das Geld rumliegt und nicht richtig arbeitet.

Ich werde Euch auch über diese Plattform auf dem Laufenden halten. Die Idee hinter der Plattform finde ich interessant und teste sie eben daher auch aus. Uneingeschränkt für jeden weiterempfehlen kann ich diese allerdings momentan nicht.

Wie bei den meisten P2P-Geschäften sind auch die Projekte bei Envestio als Hochrisiko einzustufen. Nicht ohnehin gibt es dort Renditen weit jenseits dem, was man normalerweise bei der Bank bekommt. Bitte setzt daher dort immer nur Geld ein, dass ihr auch verlieren könnt. Niemals sollte Gier hier ein Leitmotiv sein. Falls jemand Fragen zur Plattform hat, kann er diese gerne stellen und ich versuche sie so gut wie möglich zu beantworten

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Bin schon gespannt wie deine Erfahrungen auf der Plattform sein werden. Die Rendite scheint ja schon mal vielversprechend. Das Risiko ist natürlich auch da.

Hey, schön Dich auch wieder zu lesen :)
Ja, die 18% sehen erst einmal nicht schlecht aus. Gerade als Risikobeigabe auch noch interessant. Aber was hilft es einen, wenn die wenigen Projekte nach einer Stunde dann schon zu 100% finanziert sind und man gar nicht erst zum Zuge kommt. Vielleicht ist dies nur ein Phänomen der letzten Wochen gewesen... mal schauen ;)

Bin gespannt, was daraus wird!