Da ich es jede Schicht mindestens einmal gehört habe, nehme ich, jeder, der mal im Rettungsdienst aktiv war, kennt diese Meldungen:
Krankenhaus XY ist abgemeldet
Bildquelle: Eigenproduktion :)
Meistens hört man das über Funk, wenn ein anderer Rettungswagen mit der Leitstelle verhandelt darüber, wo ein gerade aufgenommener Patient hingebracht werden darf.
Im Prinzip meldet sich vermutlich in jeder Großstadt während eines Tages (und damit meine ich die gesamten 24 Stunden) jede Notfallaufnahme mindestens einmal ab, das heißt:
Diese Klinik(en) nimmt (nehmen) gerade keine Patienten vom Rettungsdienst an.
Etwas anderes, was auch jeder aktive oder früherer Rettungsdienstler kennt, ist die folgende Situation:
Man hat sich mit dem Patienten und/oder den Angehörigen gerade geeinigt, daß ein Transport ins Krankenhaus zur Untersuchung der Thematik angebracht wäre, da kommt die Frage:
Und wo fahren Sie mit dem Patienten hin? Doch hoffentlich ins Krankenhaus A?
Mit der gebotenen Ehrlichkeit erklärt man dann, daß man als Fahrer eines Rettungswagens keine Handhabe hat, sondern von der Leitstelle einer bestimmten Klinik zugewiesen wird.
Aber doch hoffentlich nicht der Klinik C?? Und wenn ich es mir recht überlege: in Klinik B waren wir schon mal mit ihm, da möchten wir ebenfalls nicht hin!
Man sagt dann noch mal das Sprüchlein mit der Leitstelle und der Zuweisung auf.
Ist dann die Zielklinik bekannt, kann es auch passieren, daß der Transport doch abgelehnt wird.
Der Vollständigkeit halber weisen wir als Rettungsdienst dann noch auf den Kassenärztlichen Bereitschaftsdienst (Telefon 116117) hin und bitten ggf., bei Verschlechterung des Zustandes noch mal den Rettungsdienst zu kontaktieren. Außerdem muß der (geschäftsfähige) Patient unterschreiben, daß der Transport abgelehnt wurde - aus Versicherungsgründen; der Rettungsdienst ist damit aus der Haftung für den Gesundheitszustand des Patienten entlassen.
Wie kommt es aber dazu, daß sich ein Krankenhaus abmeldet?
Eine Notaufnahme bekommt ihre Kundschaft von zwei Seiten. Zum einen ist da die Laufkundschaft, Personen, die mit (meist) Bagatell-Verletzungen oder -Erkrankungen die Notaufnahme aufsuchen, weil ihr Hausarzt zu weit weg, der Facharzt nicht erreichbar oder überlastet ist oder einer von beiden gerade Feierabend hat oder ähnliches. Zum anderen die auf einem anderen Weg ankommenden Patienten des Rettungsdienstes, die meist keine kleinen Sachen sind. Deren Ankunft bekommen die Patienten im Wartezimmer der Notaufnahme (in den meisten Fällen) nicht mit, nur die steigenden Wartezeiten. Die meisten oder alle Krankenhäuser teilen die ankommenden Patienten nach Schwere der Erkrankung ein und auch ein mit dem Rettungsdienst gebrachter Patient, der sich z.B. etwas gebrochen hat, aber nicht in Lebensgefahr schwebt, muß sich nach der ersten Visite gedulden, wenn ein Schwerverletzter oder sogar mehrere die Arbeitskapazitäten des Personals in der Notaufnahme binden. Nach Verkehrsunfällen mit mehreren Beteiligten etwa werden nicht alle Verletzten in ein und dieselbe Klinik gebracht, sondern teilweise auf verschiedene Kliniken verteilt.
Ist die Arbeitslast trotzdem unaushaltbar hoch oder keine ausreichende Zahl an Betten auf den Stationen der Klinik mehr zu finden, entscheiden mindestens zwei Ärzte des Klinikums, die mit der Notfallmedizin und Anästhesie oder Intensivmedizin befaßt sind, die Klinik bei der Leitstelle abzumelden. (Da ich in der Zeit des Krankenhauspraktikums so einen Fall auch mal erlebt habe, kann ich sagen: das passiert nicht einfach so.)
Die Leidtragenden sind dann im Prinzip doch die auf den Rettungsdienst angewiesenen Patienten, denn schlechte Erfahrungen mit der einen oder anderen Klinik hat (glaube ich) jeder schon mal gemacht ...
Und, wie gesagt, es ist eine Problematik, die sich durch alle deutschen Großstädte zieht, aber auch auf dem Land melden sich Kliniken mal aus der Notfallversorgung ab.
Das Resultat sind dann längere Transportzeiten, die sich auf den Gesundheitszustand des Patienten auswirken können, und längere Zeiten, in denen Rettungsmittel gebunden sind und nicht für andere (größere?) Notfälle zur Verfügung stehen.
Das Thema taucht inzwischen in einiger Regelmäßigkeit in den deutschen Medien auf, zuletzt hat sich die deutsche Redaktion des Senders ARTE dem Thema angenommen. Herausgekommen ist eine ziemlich gute Reportage:
Handlungsbedarf besteht eigentlich für alle oder fast alle Seiten: die Politik, die Krankenkassen, aber auch die Ärzteverbände und Rettungsdienstbetreiber ...
Nachtrag: Noch ein Artikel zum Thema:
Hilfe! Schnell in die Notaufnahme!
Genau aus diesem Grunde sollten kranke auch nur im Notfall die Notaufnahme aufsuchen.... leider ist bei vielen schon ein verstauchter Zeh ala Neymar Grund dafür in die Notaufnahme zu wandern und sich dann auch noch zu beschweren wenn Ärzte wahre Notfälle zu erst behandeln. Alles schon erlebt ... war ja lange im Krankenhaus und die Zufahrt zur Notaufnahme ein beliebter Aufenthaltsort meiner nächtlichen Rollstuhlfahrten
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Ohja, als ich letztes Jahr das zweite Mal in Großhadern gewesen bin, bin ich auch ums Gebäude herumspaziert. Sogar bis zum Hubschrauber-Landeplatz, aber in dem Moment kam leider gerade keiner.
Und einen Raucher, der mit dem Rollator und einem angehängten Maschinchen (kein Sauerstoff, sondern irgendwas anderes) an unserem Wagen vorbeischlich, hatten wir bzw. das Krankenhaus am Wochenende auch.
Aber selber endlich beim Rettungsdienst mitzufahren fühlt sich schon besser an, als zu gucken, was die anderen machen. ;o)
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An sich ist dieses "Ich entscheide ob ich ein Notfall bin"-Denken von Menschen nicht neu. Ich habe in den 80er/90er Jahren in Arzt- und Zahnarztpraxen gearbeitet und regelmäßig kamen Freitags so ab mittags Anrufe mit "Ich muss unbedingt heute noch...". Wenn man dann nachgefragt hat was und wo und wie lange stellte sich nur allzu oft heraus dass der böse Backenzahn schon die ganze Woche geziept hat und es heute zwar nicht schlimmer ist als die Vortage aber man hätte jetzt halt Zeit. Sorry - aber wir nicht ;)
Wobei es natürlich Fälle gab die wirklich wegen Arbeit nicht kommen konnten weil kein frei bekommen o.ä. , da gab es noch eine Lücke im Terminplan. Oder Menschen mit Angst vorm Zahnarzt die sich erst ein Herz fassen müssen oder am Freitag halt jemanden hatten der Händchen haltend mitkam. Auch die Notdienste am Wochenende, die reihum von den örtlichen Praxen übernommen wurden, waren ähnlich gelagert von der "Notfallschwere". Die Unterschiede bekommt man, so man das Gespür dafür hat, auch am Telefon schnell mit.
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Ohne mich hier in gesundheitspolitischen Fragen"allzuweit "aus dem Fenster" lehnen zu wollen, ich denke, dass sich Patienten hierzulande noch auf ganz andere Zustände werden einstellen müsssen!
Ist dem "Moral Hazard" des Gesamtsystems geschuldet!
"Schuld" sind nicht dabei nicht "der Rettungsdienst", "die Notärzte", "die Krankenschwestern", die "Fachärzte"oder die "Hausärzte", die "Notaufnahmen" oder die "Krankenhäuser" oder die "Bereitschaftspraxen", sondern diejenigen, die die Gesundheitspolitik bestimmen!
Und das sind "gewählte" Politiker und "die Krankenkassen", hier wird angeschafft!!
Zeit der Realität ins Auge zu sehen, Zeit auch zu verstehen, dass die Utopie "für alle nur das beste" zwar wünschenswert, aber nicht finanzierbar ist!
Und Zeit sich mal als Staatsbürger das SGB-V zur Gemüte zu führen!! Und welchen Auftrag dort der Gesetztgeber an alle "Leistungserbringer" erteilt: Wirtschaftlich, Ausreichend, das Maß den Notwendigen nicht übersteigend und Zweckmässig (WANZ-Prinzip) muss es sein per Gesetz hierzulande, das geben Gesetzgeber und Krankenkassen für Leistungserbringer aller Ebenen vor!!
Nirgends steht dort optimal!!!
Denkt mal alle darüber nach!
BGvB
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Das traurige ist, dass die Leute die über diese Themen entscheiden meistens privat versichert sind.
Bzw. so viel Geld verdienen, dass sie über genug Zusatzversicherungen verfügen um den "Standard" den sie da definieren gar nicht selbst erleben müssen/dürfen.
Ich bin froh, dass wir NOCH ein Gesundheitssystem haben wie wir es haben.
Es wird aber definitiv in den nächsten Jahren nicht besser werden. Und das ist mir auch klar.
Daher gilt es eigentlich jetzt schon zu überlegen, welche Zusatzthemen man ggf. mit abdeckt.
Das zahlt man natürlich aus der privaten Kasse vom bereits mit bis zu über 45% besteuerten Gehalt.
Herzlichen Dank auch!
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Mir geht dieses "schnell in die Notaufnahme" wegen jedem Mist auch auf die Nerven. Habe es gesehen als ich mit meiner Frau in der Kinderklinik war. Wegen welchem Scheiss die Leute da teilweise reinkommen, ist wirklich interessant.
Bei vielen Dingen hätte ein Besuch beim Hausarzt oder der Anruf bei jemandem mit etwas mehr Ahnung als man selbst, gereicht. Aber das KRankenhaus ist ja da und das ist ja bequem, sich da in die Notaufnahme zu setzen. Und die Leute die dann wirklich in die Notaufnahme müssen, weil es etwas schwerer ist als ein Schnitt in den Finger warten dann für ein paar Stunden, wenns dumm läuft.
Dazu werden dann die Schwestern und Ärzte teilweise noch schön blöd angemacht und es wird gemeckert, warum alles so lange braucht usw.
Als wir die Woche im Krankenhaus (Zentralklinikum Augsburg) waren nach der Geburt meines Sohns haben wir von den Schwestern und Ärzten extrem positives Feedback bekommen und wurden sehr sehr gut behandelt.
Wir haben für alles DANKE und BITTE gesagt und haben zwischendurch auch mal den Satz gesagt:"Hat jetzt keine Eile, Sie können auch später noch kommen..."
Und plötzlich war alles entspannt und die Leute waren super freundlich.
Auf meine Frage bzw. auf das Ansprechen der Situation habe ich dann einen Satz gehört, der mir echt zu denken gegeben hat.
"Wir sind hier chronisch unterbesetzt und dennoch nimmt fast jeder Patient alles als selbstverständlich und hat kein Verständnis wenn etwas mal länger dauert oder wir etwas weniger Zeit haben..."
Am Ende des Aufenthalts haben wir in jede Station (Neo, Kreißsaal und Familienstation) Blumen, eine handgeschriebene Karte mit ein paar Worten zur tollen Arbeit des Teams und einen kleinen Beitrag zur Kaffeekasse übergeben.
Und überall haben sich die Leute gefreut einfach nur, weil wir die Arbeit die sie machen geschätzt haben.
Dabei sollte es doch eigentlich ganz logisch sein.
Ich gehe ins Krankenhaus und bin auf die Menschen, die dort arbeiten ANGEWIESEN!
Damit sollte eigentlich alles gesagt sein, wie man mit dem Personal dort umzugehen hat.
Einen Dank an der Stelle an alle, die im Krankenhaus oder in sonstigen Einrichtungen oder Diensten arbeiten. Das ist großartige Arbeit die ihr da unter teilweise schlimmen Bedinungen macht.
upvoted & resteemed
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Danke!
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Jetzt schließt du die Leute aus, die nicht selbst hinfahren wollen und den Krankenwagen rufen.
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Nee, eigentlich nicht.
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Angeschaut und ein paar Cent hinterlassen :) Gruß Holger
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Danke!
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Vielen Dank für den Beitrag. In jedem Fall interessant es einmal aus der "anderen" Seite her zu sehen. Die Lage in unseren Gesundheitssystem wird gefühlt seit Jahren immer desolater, umso wichtiger, dass die Ursachen klar benannt werden und jede Seite sehen kann, wie sie etwas dazu beitragen kann.
Ich schrieb ja vor einiger Zeit hier selbst etwas zynisch darüber, dass ich nach einer Überweisung vom Hausarzt mit der Aussage "Nächster Termin Juni 2019" von zig Ärzten abgefertigt wurde. Das ist bei einer Aussage wie "Das sollten sie sich mal dringend ansehen lassen!" ein Widerspruch und führt natürlich auch zu einem zusätzlichen Überlaufen in den Notaufnahmen. Als Patient tut man sich den Schritt auch nicht leicht (kostet ja auch Zeit), aber man kann eben auch nicht immer abschätzen, wie akut etwas wirklich ist. Im Endeffekt kriegt man sonst eben auch immer nur gesagt: Wieso kommen sie damit erst jetzt? Auf der anderen Seite als Patient dann wehment eine "Arztwahl" aufrechtzuerhalten ist auch fragwürdig. Gerade beim Rettungsdienst finde ich das schon arg bedenklich...
Irgend etwas ist da ganz marode im Gesundheitswesen. Umso mehr gebührt Leuten wie Dir der Dank, die sich das trotzdem jeden Tag antun!
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Bin nur auf Zeit dabei (zumindest ist das der aktuelle Stand).
Und ich bin selbst vor Jahren schon mal vor Terminen, die mehrere Monate im in der Zukunft lagen, zum Facharzt in einer anderen Stadt geflüchtet. Hat funktioniert ...
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