Ein Märchen in Filmform - Hau ab und schau dir Plakatwände an!

in review •  7 years ago 

Am 4. März 2018 erhielt del Toros Kunstwerk neben den Oscars für den besten Soundtrack, das beste Szenenbild und die beste Regie ebenfalls den heißbegehrten Oscar für den besten Film des Jahres. Für diese Auszeichnung waren ebenso die Filme Call Me By Your Name, Die Dunkelst Stunde, Dunkirk, Get Out, Lady Bird, Der Seidene Faden, Die Verlegerin und Three Billboards Outside Ebbing, Missouri nominiert. Vorneweg möchte ich sagen, dass ich von jenen Filmen gerade einmal drei (Get Out, Dunkirk und Three Billboards + eben Shape of Water) sehen durfte. Ich werde mich also im Laufe dieser Kritik auch nur auf diese Filme beziehen.
Zunächst zum Film an sich. TSOW vereint einen brillanten Score mit einer durch und durch bezaubernden Szenerie. Alexandre Desplats Soundtrack zieht einen von Minute eins an in das Baltimore der 1960er Jahre und Paul Denhams Austerberrys, Shane Vieaus und Jeffrey A. Melvins Szenenbild lassen einen für zwei Stunden förmlich abtauchen in einen Zustand märchenhafter Trance.
Das Schauspiel überzeugt zu gleichen Teilen und neben der Imposanz des Monsters, ausgelöst durch sein wirklich überzeugendes Kostüm, fallen insbesondere Sally Hawkings als stumme Putzkraft und Michael Shannon als gewaltfanatischer Regierungsbeaftragter auf. Die überzeugenden Charaktere rühren nicht zuletzt von den 40 Seiten Hintergrundgeschichte, die Del Toro jedem seiner Schauspieler mit auf den Weg gab, ohne aber den Einsatz jener Hintergrundgeschichte aufzuzwingen. Es war den Künstlern freigestellt, welche Teile der Backstory übernommen und welche ignoriert werden. So entstand eine sehr persönliche, aber umso stärkere Verkörperung der einzelnen Rollen. In solchen Situationen entpuppt sich Del Toro als wahrer Meister seine Faches, ein Regisseur durch und durch, ein Filmliebhaber und Kenner gleichermaßen.

Diese Liebe zum Medium atmet der Film an sich in jeder seiner Sekunden und feiert all die von der Academy vergötterten Klischees. Es ist z.B. kein Zufall, dass sich die Wohnung der Hauptdarstellerin über einem, um seine Existenz ringendes Kino befindet. Auch das meiner Meinung nach viel zu oberflächlich angeschnittene Thema des Rassismus der 60er Jahre wirkt eher aufgesetzt und lässt den Zuschauer mit dem Eindruck zurück, es wurde nur reingeschnitten um der Academy zu gefallen. Die offensichtliche Anspielung des Monsters an sich, auf "Den Schrecken des Amazonas" reiht sich nahtlos ein in die Kette von Versuchen die Jury zu überzeugen, dass dieser Film der einzig wahre sei, um bei den Oscars als Gewinner hervorzugehen. Generell scheinen mir die Verleihungen politischer denn je geworden zu sein. Wenn dann SJW-Paraden vor Gedenksequenzen für die amerikanischen Soldaten überall auf der Welt geschaltet werden, kann ich dieses, von einem orangefarbenen Wahnwütigen regiertes Land, noch viel ernster nehmen, als ich es sowieso schon tue.

Zuletzt muss Kunst aber separat von Preisen und Verleihungen betrachtet werden. Der scheidende Punkt bei TSOW ist für mich, die schon abertausendmal vorgetragene Message von "Die Liebe ist stärker als alles und besiegt sogar den größten aller Bösewichte". Es ist hierbei nicht die Art und Weise, wie diese Message vorgebracht wird, es ist der Tatbestand an sich, der diesen Film für mich "nur" zu einem sehr guten Film macht. Get Out schuf letztes Jahr mit seiner Handlung und Machart, seinem großen Genusslevel, gerade beim zweiten Sehen, welches darlegt inwiefern es sich hierbei um einen grandios geschriebenen Film handelt, und seinen großen Schritten im "New Black Cinema" ein Kunstwerk, welches es aufgrund seiner Andersartigkeit verdient hätte, von der Academy geehrt zu werden.

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