Risiko - Sicher ist nur der Tod?

in risiko •  6 years ago  (edited)

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Wir Menschen haben allesamt eine ganz natürliche Risikoaversion. Wenn es möglich ist ein Risiko aus dem Weg zu gehen, werden wir dies machen. Dies macht natürlich auch oftmals Sinn. Wer würde schon durch ein Raubtierkäfig gehen wollen, statt einfach den Weg um den Käfig zu nehmen. Doch leider ist die Realität nicht ganz so einfach und wir kommen häufig in Situationen in denen der komplizierte Weg auch eine höhere Rendite verspricht.

Trotzdem neigen die meisten Menschen dazu lieber das Risiko zu meiden und eine geringere Rendite in Kauf zu nehmen als sich dem Risiko zu stellen. Ganz besonders wir Deutschen scheinen sehr stark dazu zu neigen. Geht es um Finanzen stellt sich bei den Meisten zunächst die Frage: Wieviel kann ich verlieren? Spricht man mit einem Amerikaner, wird man oft eher die Frage hören: Was kann ich gewinnen!

Es ist ein kleiner kultureller Unterschied der sich bei der unterschiedlichen herangehensweise zeigt. Dabei trägt das ganze durchaus seltsame blüten. Obwohl man nahezu keine Zinsen bekommt, lagern die meisten ihr Geld auf der Bank ein. Wenig Risiko, negative Rendite. Hauptsache das Risiko vermeiden, selbst wenn man einen Verlust hinnehmen muss. Viele Menschen spielen Lotto in der Hoffnung des ganz großen Gewinns. Schaut man sich die Statistik an, ist es ein nahezu garantierter Verlust des Einsatzes. Trotzdem möchten viele nicht an der Börse investieren auch nicht in Unternehmen, die seit mehr als 100 Jahre gut laufen.

Eine Diskussion die in den letzten Jahren immer wieder aufkeimt geht rund um das Thema Bondora Cash & Grow. Ein direkter P2P-Anbieter bietet hier ein Konto an bei dem man die Anlagen zu 6,5% verzinst bekommt und jeden Tag die Zinsen ausgeschüttet bekommt. Dabei sind die 6,5% nicht garantiert, sondern werden nur gezahlt, wenn man diese auch wirklich erreicht. Es kann also durchaus auch nach unten gehen.

Normalerweise bietet Bondora ganz normale Kredite an mit bis zu 25%. Wer wirklich das Risiko nicht scheut und reingeht, hat üblicherweise durchaus ein Depot, dass zu 50% im Zahlungsverzug ist und auf die Pfändung wartet. Also um es zu übersetzen: Quasi so gut wie Verlust sind! Stören tut es jene Investoren allerdings nicht, da sie eben ein Mischkalkulation machen. Wenn die Hälfte zahlt, hat man immer nich seine 12,5% und zusätzlich noch die Aussicht, dass nach einem Jahr über die Pfändung etwas reinkommt.

Die eigentliche Diskussion bricht nun immer zwischen diesen beiden Investorentypen aus. Den der eigentliche Witz ist, dass Cash & Grow nichts besonderes ist. Im Kern investiert lediglich Bondora in die gleichen Kredite das Geld der Anleger und kappt die Gewinne auf 6,5%. Nach der Statistik her, machen sie damit also ein sehr gutes Geschäft. Und die Risiko-Anleger argumentieren vollkommen zu recht, dass man natürlich mit einem ähnlich gestrickten Portfolio fast das doppelte an Gewinn machen würde.

Somit wäre es witzlos sein Geld in Cash & Grow anzulegen. Man muss dazu eben nur seine persönliche Risikoaversion ablegen und bereit sein ein wenig auf Risiko zu gehen. Und eben der Statistik vertrauen. Und sie haben mit der Argumentation eigentlich auch völlig recht. Den Cash & Grow bietet keine Banksicherung und wenn es schlecht läuft, bekommt man auch dort sein Zinsen nicht. Bondora schaltet sich lediglich dazwischen und kassiert einen Teil der Prämie ein, die dann in Form von Rücklagen gesichert werden.

In regelmäßigem Interval kommt nun immer wieder eine solche Diskussion auf und beide Seiten werfen sich wüste Argumente an den Kopf. Ich selbst bin davon eher belustigt. Auch ich nutze Cash & Grow, allerdings nicht wegen der Rendite, sondern weil das Geld dort tagesaktuell verfügbar ist. Es erlaubt mir einen Teil (!!) der privaten Sicherheitsrücklagen zu immerhin 6,5% verzinst zurück zu legen. Explodiert mein Wagen morgens, kann ich also recht schnell das Geld wieder liquide machen.

Dies wäre bei einem normalen Kredit bei Bondora oder Mintos nicht möglich. Zwar werden viele Kredite vorzeitig ausgelöst, aber es gibt eben auch immer wieder Fälle von Zahlungsverzug. Der Horizont hier sollte auf jeden Fall ein paar Monate sein und nicht Tage. Dies ist der Grund, wieso ich Bondora Cash & Grow attraktiv finde. Würde ich das Geld länger entbehren können, würde ich es vermutlich auch eher zu höheren Zinsen anlegen oder eben an die Börse gehen. Eben weil ich der Statistik traue und bereit bin mit einem Teil meines Geldes auch ins Risiko zu gehen.

Ich selbst fühle mich aber keiner der Gruppe zugehörig. Es gibt für beide Strategien seine Daseinsberechtigung! Je nachdem wie der Rest des Portfolios strukturiert ist, in welcher Lebenslage man sich befindet und wie die eigentliche Risikoneigung ist, kann es für beides seines Sinn geben. Wichtig ist lediglich, dass man sich dessen bewusst ist und seine eigene Neigung kennt.

Wer eher ein Angsthase ist und in Bondora-Kredite mit 25% rangeht, wird vermutlich bereits kurze Zeit darauf schreiend vom Rechner sitzen, wenn sich alles ins Rot färbt. Wer es nicht erträgt so etwas zu sehen, sollte eben auch nicht in so etwas investieren. Nicht jeder hält so etwas aus. Gleichzeitig sollte ein guter Risiko-Investor auch wissen was er macht und sich intensiver mit seinem Marktumfeld und einer vernünftigen Riskoverhältnis befassen. Somit finde ich es okay, dass dieser auch mit einer höherne Rendite dafür belohnt wird.

Wieso die Diskussion darum immer gleich so hitzig werden muss, ist mir ein Rätsel. Wir Menschen sind dafür viel zu verschieden. Es gibt ja auch Leute, die daheim auf der Couch bereits bei einem spannenden Film einen Nervenkitzel haben, während andere sich dafür aus einem Flugzeug stürzen müssen. ;)

Wie sieht es bei Euch aus? Habt ihr Euch bereits mit Eurem Riskoprofil auseinander gesetzt? Würdet ihr lieber die 6,5% nehmen oder bereit sein ein höheren Risiko einzugehen mit höherem Gewinn, aber auch dem Risiko eines Totalverlustes?

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Ist halt die frage wo Risiko aufhört und Unsicherheit anfängt. Risiko bedeutet ja durch Regeln vorgegebener Satz an möglichen Ausgängen. Beim Glücksspiel wie einem Würfel stellt die Symmetrie/Fairness die Regeln welche alle Möglichkeiten samt der Wahrscheinlichkeitsverteilung vorgeben.

Bei einem vertraglich geregeltem Geschäft wie Krediten, Sparbüchern oder Anleihen gibt es keine Garantie aber immer noch Regeln

Bei Preis Spekulationen gibt es gar nichts von dem. Es gibt physikalische Grenzen die den Preis nach oben hin abriegeln und die Null nach unten, dazwischen ist der Payoff jedoch "vanilla"

Bei einer Kreditvergabe würde ich auch die hohe Rendite wählen. Bei der Preisspekulation gibts keine Rendite. Bitcoin kann -100%,100% oder 10.000% zulegen. Wobei man keine Wahrscheinlichkeit angeben kann, dass ist die Definition von Unsicherheit.

Die Frage danach wo Risiko eigentlich beginnt ist wirklich sehr Interessant. Früher hätte ich von Dingen jenseits der 10% meine Finger gelassen. Heutzutage ist man dann bei P2P-Krediten und Kryptos unterwegs. Wie eben beim genannten Lotto ist natürlich auch immer die Aussicht auf die Höhe des möglichen Gewinns eine wichtige Sache. Schraubt man diesen nur hoch genug, scheinen Millionen von Leuten bereit zu sein ein nahezu totsicheren Verlust zu realisieren.

Das Problem von Risiko in der Wirtschaft ist eben, dass es per Definition eine Informationsunsicherheit ist. Diese lässt sich eben an vielen Stellen leider nicht ranschreiben. Bitcoin und Co haben ja durch ihre extreme Volatilität dies durchaus sichtbar gemacht. Bei P2P hingegen läuft es fast ohne jedliche Volatilität ab, obwohl es kaum jemanden gibt der zu wagen weiß, was passiert, wenn die nächste Wirtschaftskrise über die Welt rollen sollte.

Zu gerne vergessen wir als Menschen manchmal, warum wir uns eigentlich Wirtschaftsysteme konstruiert haben: Umgang mit Unsicherheit.

erstmal vorab:ich will nicht kleinlich sein aber Risiko ist falsch geschrieben im titel ^^
echt guter beitrag, es ist halt wirklich fakt, dass die meisten ihr geld ohne zu überlegen in den banken lagern, deren Zinsen geringer sind als die Inflationsrate des Geldes. Allgemein ist das zentralistische system des fiats-gelenkt vom staat-durch teilweise gezielte Inflation nur auf Profit aus- Profit für Regierungen, Banken und staatsnahe Großkonzerne. Eine Anlage in die von dir beschriebenen Möglichkeiten, Aktien, Fonds oder vielleicht sogar Kryptowährungen ist eine schlauere Alternative, wenn man es richtig macht und Ahnung hat (setzt vorraus, das man sich informiert, aber das macht der durchschnittliche, risikoscheue Bürger nicht).

Man merkt, welcher Teil dann zuletzt geschrieben wurde und der Geist schon müde ist ;) Danke für den Hinweis.

Die Inflation unseres Fiat-Systems ist gar nicht so undurchdacht wie es meist scheint. Immerhin haben wir viele Menschen, die glauben, dass unsere Wirtschaft nicht unbegrenzt wachsen kann und wundern sich nicht einmal, warum die angestrebte Inflation von 2% zumeist in etwa mit Wirtschaftswachstum einhergeht. Unser Wirtschaftssystem ist eben darauf angelegt, dass es immer wieder neue innovation erzwingt. Das Problem dabei ist, dass sich einzelne Akteure sich nicht immer regelkonform verhalten.

Was das Risiko angeht. Im Kern führen unsere Regierungen eine stille Enteignung mit Ihrer Geldpolitik durch und versuchen eben zu Menschen dazu zu zwingen ins Produktivkapital zu gehen. Grundsätzlich klappt das ja auch """einigermaßen""", ist aber eben richtig Mist für jene, die es nicht tun.

Gerade als Jüngerer hast Du den großen Vorteil, dass Du wesentlich mehr Zeit hast sich dem eigenen Risiko bewusst zu werden und diese Dinge zu lernen als jemand der dies erst in 10 oder 20 Jahren tut. Da fällt es wesentlich einfacher mal eine Krise einfach auszusitzen. Viele junge Menschen vergessen dies und berufen sich dann darauf, dass sie eben weniger Geld als ältere Menschen haben.