Auch wenn ich weiß, dass es ein "Spezialthema" ist möchte ich es hier einmal zur Diskussion stellen. Zwar kommt es im Schach zur Anwendung, aber ich habe gehört, dass es eine solche Regelung auch in anderen Sportarten (z.B. Tischtennis) gibt.
Um was geht es ?
Ich will es so erklären, dass es (hoffentlich) auch jeder Nicht-Schachspieler versteht.
Ein Schachverein besitzt mehrere Mannschaften, dies können zwei, drei oder auch acht sein je nach Größe des Vereins.
Nun kommt es immer wieder vor, dass in einer Mannschaft Spieler ausfallen und daher Spieler aus unteren Mannschaften benötigt werden. Hier stellt sich nun die Frage, ob man dies zulässt oder nicht.
Im Hessischen Schachverband sieht die Regelung z.B. so aus, dass Spieler sich nach oben Festspielen, d.h. ein Spieler aus der 2. Mannschaft darf zweimal in der 1. Mannschaft spielen ohne Konsequenz. Spielt er das dritte Mal in der 1. Mannschaft ist er dort festgespielt, d.h. er darf den Rest der Saison nicht mehr in der 2. Mannschaft spielen. In der 1. Mannschaft darf er unbegrenzt spielen.
Im Saarland und Rheinland-Pfalz gibt es diese Regelung als Festspielregelung nach unten, d.h. der Spieler aus der 2. Mannschaft darf jedes Spiel in der 2. Mannschaft machen, die ganze Saison. Er ist aber nach oben limitiert, d.h. er darf in der 1. Mannschaft nur eine gewisse Anzahl an Spielen (z.B. 3 oder 5) bestreiten und wenn er diese Spiel gemacht hat nicht mehr in der 1. Mannschaft spielen. Ich habe gehört, dass es diese Regelung auch beim Tischtennis gibt.
Zunächst einmal die Frage was sportlicher ist, denn die Befürworter der Regelung im Hessischen Schachverband argumentieren immer mit Wettbewerbsverzerrung um die Festspielregelung nach oben zu rechtfertigen.
Aber ist diese Regelung wirklich sportlich und verhindert sie Wettbewerbsverzerrungen ?
Ich meine ganz klar nein und ich muss mir hier nichts aus den Fingern saugen, sondern nur Beispiele aus der Vergangenheit nehmen. Bewusst möchte ich hier keinen Vereinsnamen nennen, aber wer sich im Hessischen Schachverband auskennt weiß wohl Bescheid. Da gibt es z.B. einen Verein, der mit seiner 1. Mannschaft auf Bundesebene spielt und die Ersatzspieler in der 2. Mannschaft einsetzt. Das geht dann so, dass unter den Stammspielern (die ersten Acht) Spieler aufgestellt werden, die gar nicht (einmal) oder weniger als die Hälfte (zweimal) spielen. Diese belegen Plätz der Stammspieler und so rutschen "eigentliche" Stammspieler nach unten und können dadurch in der 2. Mannschaft mitmischen. Bei dem Verein, den ich meine sieht man dies sehr gut, denn es wurden drei der Acht Stammspieler der 2. Mannschaft während der Saison in der 1. Mannschaft "festgespielt".
Was heißt das nun für die jeweiligen Gegner ? Nun als Verein, der mit seiner 1. Mannschaft gegen eine solche 2. Mannschaft spielt heißt dies, dass seine Chancen sehr stark von der Auslosung abhängen. Spielt er gegen eine solche 2. Mannschaft in der 1. Runde wird er vielleicht eine 2:6-Niederlage einstecken, denn alle acht aufgestellten Spieler dieser 2. Mannschaft können spielen. Spielt er dagegen in der letzten Runde gegen eine solche 2. Mannschaft gewinnt er vielleicht 6:2, denn - in diesem Fall - sind bereits 3 Spieler "festgespielt", so dass diese 2. Mannschaft drei Ersatzspieler aus unteren Mannschaften einsetzen muss, die wahrscheinlich deutlich schwächer spielen als die eigentlichen Stammspieler, die aber mittlerweile in ihrer Stammmannschaft nicht mehr spielen können, weil sie bereits festgespielt sind. Außerdem müssen einige der fünf anderen Stammspieler (oder sogar alle) an höhere Bretter rücken, weil die Ersatzspieler nur hinter den Stammspielern spielen dürfen.
Ist dies fair ?
Aus all diesen Überlegungen haben wir im Bezirk die Festspielregelung abgeschafft, weil wir eben der Meinung sind, dass sie eher zu mehr Wettbewerbsverzerrung führt statt diese zu beseitigen. Gerade große Vereine können ihre 2. Mannschaft auf Hessischer Ebene durch Stammspieler der 1. Mannschaft, die zwar nicht unter den ersten Acht aufgestellt sind, aber dort ständig spielen, zu Saisonbeginn fördern. Wäre die Regelung wie im Saarland oder Rheinland-Pfalz oder auch im Tischtennis ging dies nicht, denn dann wären die Spieler ja in der 1. Mannschaft begrenzt.
Wir im Bezirk haben daher die Regelung auf Bezirksebene abgeschafft, d.h. wir akzeptieren zwar die Festspielregelung auf Hessischer Ebene, d.h. wer auf Hessischer Ebene festgespielt ist darf auf Bezirksebene nicht mehr spielen, aber innerhalb des Bezirks ist dies Regelung abgeschafft. Nun möchte der Hessische Schachverband ab der Saison 2019/2020 seine Bezirken aber auch vorschreiben auf Bezirksebene diese Regelung anzuwenden, was ich als absolutes "Unding" ansehe. Man muss dazu sagen, dass die Bezirke eigenständige eingetragene Vereine sind und keine Unterorganisationen des Hessischen Schachverband. Ich denke, dass man eigenständigen eingetragenen Vereinen keine solchen Vorschriften machen kann und sehe auch den Sinn nicht, denn m.E. fördert die Festspielregelung wie sie in Hessen angewandt wird die Wettbewerbsverzerrung zu Gunsten der großen Vereine und benachteiligt ganz klar die kleinen Vereine.
Ich muss noch dazu sagen, dass im Schach die Ligen i.d.R. nur aus 10 Mannschaften bestehen und auch nur einrundig gespielt werden, d.h. ein Schachspieler, der nur in einer Liga spielen darf wird von den Schachverbänden i.d.R. auf 9 Spiele im Jahr beschränkt, ganz im Gegensatz zu anderen Sportarten wie z.B. Fußball wo man 34 oder gar 38 Spiele im Jahr machen kann.
Nun interessiert mich Eure Meinung zu diesem Thema - vielen Dank für alle Kommentare !
9 Wettkampfspiel(tag)e können je nach Niveau der Spieler viel oder wenig sein, denke ich.
Ich kann ja, weil ich nie eine andere Sportart ähnlich weit begriffen habe, was die Wettkampfregeln angeht, nur mit dem (hessischen) Schießsport vergleichen: dort darf man sehr wohl verschiedene Waffen schießen (z.B. Luftpistole - Kleinkaliberpistole - Vorderlader-Pistole), aber nur für einen Verein und im Rahmen eines Rundenkampfes (der den Ligakämpfen im Schach evtl. entspricht) auch nur in der 1. oder 2. Mannschaft eines Vereins. Soweit ich weiß. Bei den Regeln für Kreis- und Gau-Rundenwettkämpfe muß ich wieder passen.
(Ich war von 2009-2016 Mitglied in einem Schützenverein in Südhessen.)
Ein Rundenwettkampf wird mit 8-10 Mannschaften zu je 4 Schützen in zwei Runden durchgeführt, es kommt also zu (meistens) 16 Terminen.
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Es gibt Schachopen, bei denen sich jeder anmelden kann, da werden 9 Spiele an 5 Tagen gemacht, am ersten oder letzten Tag 1 Spiel, sonst zwei Spiele. Zulässig sind sogar 3 Spiele am Tag, wenn es um die DWZ-Auswertung von Turnierpartien geht. Schnellschach- und Blitz natürlich noch viel mehr, aber bei Turnierschach max. 3 Spiele pro Tag in Deutschland. Bei uns kann jemand der es möchte in allen drei Mannschaften spielen und dann 28 Spiele im Jahr machen, bzw. eine Frau kann noch 5 Spiele bei den Frauen machen und kommt dann auf 33 Spiele im Jahr. In anderen Bezirken gehen nur 9 Spiele im Jahr. Um mal ein Gefühl zu bekommen: Ich habe 1995 und 1996 am aktivsten Schach gespielt. 1995 habe ich über 100 Turnierpartien gespielt und 1996 sogar über 120 Turnierpartien. Also 9 Spiele sind nicht viel und unser Bezirk ist in dem Punkte extrem fortschrittlich, dass er es ermöglicht bis zu 28 Spiele zu machen. Kann doch jeder selbst entscheiden und außerdem ist die Auswahl auch größer für Menschen, die Sonntags mal etwas vor haben oder z.B. im Schichtdienst arbeiten. Im Bezirk 5 z.B. werden die 9 Termine des Hessischen Schachverband genommen und der Bezirk spielt an diesen Terminen, d.h. wenn dort ein Verein drei Mannschaften hat spielen alle Mannschaften immer am gleichen Termin und es gibt gar keine Möglichkeit mehr als 9 Spiele zu machen. bei uns sind die Spieltermine versetzt, d.h. Du kannst in bis zu drei Mannschaften alle Spiele bestreiten. Die Frage ist halt um was geht es ? M.E. sind wir Amateure und wenn einer viel spielen will ist es doch schön, warum soll man das verhindern ? Auf der anderen Seite lässt man dann Profis und Halbprofis auch in den Amateurklassen jeweils zu Beginn der Saison zu und fördert das Ganze auch noch dadurch, dass man die Termine in Hessen NICHT auf die Termine der höheren Klassen legt und was es auch noch fördert, dass die Spieler auf Bundesebene möglichst lange unten spielen dürfen ist, dass die Saison in Hessen immer im September startet und auf Bundesebene erst im Oktober. In der 1. Bundesliga war dieses Jahr die erste Doppelrunde sogar erst am 10.+11. November.
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Ich hab leider keine Lösung für Dich. :/
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Danke, es geht ja vor Allem darum andere Meinungen zu erfahren. Vielleicht gibt es ja Gesichtspunkte, die ich noch nicht betrachtet habe. Ich weiß auch nicht wie es in der Sache weitergeht. Wenn der Bezirk einfach seine Turnierordnung nicht ändert und weiterspielt wie bisher ist die Frage was der Hessische Schachverband machen kann. Besonders witzig ist es noch, dass der Bezirk 5 einfach den Bretttausch abgeschafft hat obwohl auch dieser genau wie die Festspielregelung für die Bezirke verbindlich war. Man muss dazu sagen, dass der Präsident des Hessischen Schachverband aus dem Bezirk 5 stammt und sogar beide Positionen (Präsident des Hessischen Schachverband und Vorsitzender des Bezirk 5) ein gutes Jahr lang gemeinsam innehatte. Das mit dem Brettertausch wurde jetzt in 2018 vom Verbandskongress aus der Verbindlichkeit herausgenommen, aber der Bezirk 5 hat schon vorher so gespielt. Du spielst beim Schach halt an 8 Brettern und wenn alle 8 Stammspieler da sind (so ist es am einfachsten) kann jeder mit einem seiner Nachbarn das Brett tauschen, d.h. die Nr. kann an 1 oder 2 spielen, die Nr. 2 an 1 (Tausch mit Nr. 1), an 2 (normal) oder an 3 (Tausch mit Nr. 3) spielen und dies ist im Bezirk 5 jetzt nicht mehr möglich, jeder muss dort spielen wo er aufgestellt ist.
Schauen wir mal was weiter passiert … Danke für Deine Kommentare !
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Ich krame gerade ziemlich in meinem Gedächtnis. Meiner Erinnerung nach wurde die Festspielregelung beim Tischtennis in den letzten Jahren abgeschafft oder zumindest verändert.
War natürlich immer wieder Thema. Mit oder ohne. S. S.4 https://www.wttv.de/images/Onlineredaktion/DOWNLOADS/sonstiges/Regularien/Neue_WO_Praesentation.pdf
Es gibt immer Leute (Vereine), die ihr möglichstes geben die gegebenen Regeln für sich (einseitig) auszunutzen.
Welche Regeln in eurem konkreten Fall am besten helfen das zu minimieren (="fair"), kann ich nicht beurteilen.
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Vielen Dank, dass Dokument ist wirklich interessant. Da ich vor vielen Jahren auch zwei Jahre in Frankreich gespielt habe erkenne ich da die Regel mit den Wertungszahlen wieder. Bei uns in Deutschland kann man die Mannschaft vor der Saison beliebig aufstellen, aber ist dann an die Aufstellung gebunden. In Frankreich gibt es die Regel (jedenfalls gab es sie damals), dass alle Spieler beliebig aufgestellt werden dürfen, so lange kein Spieler mit einer um mehr als 100 Punkte besseren Wertungszahl hinter einem Spieler mit schlechteren Wertungszahl spielt. Auch ein anderes Problem haben die Franzosen m.E. nachahmenswert gelöst: Bei uns ist es so, dass oft Bretter freigelassen werden, dass ist dann genauso ein Punkt wie ein erspielter Punkt. In höheren Klassen (also auf Bundesebene) gibt es auch Geldstrafen für freigelassene Bretter, aber in unteren nicht. Die Franzosen haben das ganz elegant (wie ich finde) über die Punktevergabe gelöst:
Bei uns gibt es einen Punkte je Spiel, der Gewinner bekommt ihn ganz, endet das Spiel remis (Unentschieden) bekommt jeder einen halben Punkt.
Bei den Franzosen gibt es hingegen vier Punkte je Spiel und zwar je zwei Punkte für das Antreten und für das Partieergebnis. Ein "normaler" Gewinn ist also ein 3:1, während ein kampfloser Gewinn ein 3:0 ist. Geht ein Spiel nun 4:4 aus (bei 8 Brettern) ist das in Frankreich ein 16:16 wenn beide Mannschaften komplett waren. Hat eine Mannschaft ein Brett freigelassen fehlt ihr ein Punkt und sie hat mit 15:16 verloren. Ich finde dies ein gutes System.
Ganz fair wird es wohl nie gehen, nur stelle ich immer wieder fest, dass man mit detaillierten Regelungen mit denen man Fairness herstellen möchte eben oft das Gegenteil von Fairness erreicht. Wenn am Anfang eine 2. Mannschaft komplett gegen einen kleinen Verein spielen kann und am Ende ein Großteil der Spieler nicht mehr spielen können wenn es gegen einen anderen kleinen Verein geht und diese beiden Spiele dann darüber entscheiden wer absteigt und wer die Klasse hält, dann finde ich dies alles andere als fair. Wobei ich jetzt gar nicht für eine Richtung plädieren möchte, man kann es so machen, dass man es ganz frei gibt, dann spielen beide gegen eine starke 2. Mannschaft oder man es so beschränken, wie es im Saarland und Rheinland-Pfalz gemacht wird, dass man das Festspielen nach unten legt, d.h. den Spieler in der 1. Mannschaft beschränkt und nicht in der 2. Mannschaft und dann auch beide Mannschaften einen gleichen Gegner haben. Das aber durch die Auslosung sozusagen die Chancen auf den Klassenerhalt festgelegt werden, weil einer am Anfang und der andere am Ende gegen eine solche 2. Mannschaft spielen muss finde ich am aller unfairsten.
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