Wie sieht er denn nun aus...

in schule •  5 years ago 
  1. Nov. 2018

…so ein typischer Lehreralltagstag?

Nun, es kommt auf den Tag und auf den Stundenplan an, den die jährliche Lotterie einem beschert. Gleich vorweg, ja, es gibt sie, die Tage, an denen man vormittags recht und nachmittags frei hat. In meinem aktuellen Stundenplan gibt es einen Tag, an dem ich nur drei Stunden unterrichte, und zwar die ersten drei, und somit um 10.25 Uhr mit dem Unterrichten fertig bin. Anschließend bleibe ich meist noch „kurz“ in der Schule, um „schnell“ etwas Bürokram zu erldeigen (Formulare und Listen ausfüllen, Klassenbücher kontrollieren, Mails beantworten, Termine koordinieren, Papiere abheften) und – sofern ich es schon erstellt habe – Material für den nächsten Tag zu kopieren. Gegen 13 Uhr zwinge ich mich dann dazu, nach Hause zu gehen, obwohl es noch sooo viel zu tun gäbe, um von meinen einzigen schulfreien Nachmittag zu profitieren. Natürlich gehe ich immer mit dem festen Vorsatz, zu Hause sofort weiterzuarbeiten. Schließlich liegt dort immer mindestens ein Stapel Klassenarbeiten auf dem Schreibtisch und die Unterrichtsstunden für die nächsten Tage wollen auch vorbereitet werden. Zuerst aber gönne ich mir nach ca. einer Stunde Fahrtzeit ein gutes, selbst gekochtes Mittagessen (denn die Schulmensa ist bäh), einen ausgiebigen Mittagsschlaf und danach noch einen gemütlichen Kaffee…bevor ich dann frühestens um 17 Uhr die Arbeit wiederaufnehme. Da haben wir’s! Sagt ihr euch jetzt. Ich hab‘ es ja immer gewusst! Dieses faule Lehrerpack! Morgens ein bisschen Unterricht machen und dann den ganzen restlichen Tag faulenzen! Und das alles auf Staatskosten!

Zugegeben. Ja. Aber.

Es gibt auch die anderen Tage. Die Tage, an denen ich morgens um kurz nach sieben in der Schule ankomme und bis 18 oder 19 Uhr dort rotiere. Die Tage, an denen der Hausmeister mich abends freundlich darauf hinweist, dass ich jetzt gehen muss oder in der Schule eingeschlossen werde. Die Tage, an denen es vor 15.25 Uhr – wenn meine letzte Unterrichtsstunde zuende ist – keine nennenswerte Pause gibt, weil in der 20minütigen „großen Pause“ die Schüler die Sitzungen der Schülermitverantwortung (SMV) stattfinden oder die Schüler einfach so Redebedarf haben. Weil in den Freistunden organisiert, kopiert und vorbereitet wird und in der Mittagspause Entwicklungsgespräche mit Schülern oder Feedback-Gespräche mit der Praktikantin oder der Referendarin stattfinden. Die Tage, an denen man mit dem Bürokram nicht vorwärts kommt, weil die Kollegen und Kolleginnen und ständig Anliegen haben oder einfach lautstark quatschen. Oder weil die Referendarin einen Haufen Fragen hat. Oder das Telefon klingelt. Währenddessen klopft es im Fünf-Minuten-Takt an der Tür: „Ist Frau B. da?“ „Können Sie das hier Frau W. auf den Tisch legen?“ „Wegen der Klassenfotos, ich habe da jetzt mit der Schulleitung gesprochen und…“ „Ich wollte nur sagen, dass ich jetzt nach Hause gehe, weil ich Kopfschmerzen habe.“ Und so weiter. Wenn dann abends der Hausmeister klopft, bin ich oft noch nicht mit der Arbeit fertig. Hätte ich doch an meinem freien Nachmittag mehr gemacht… aber da ging es nicht. Da war ich einfach zu müde.

Wieso müde? Wird sich jeder Büroangestellte jetzt zu recht fragen. Das oben Beschriebene ist doch lächerlicher Kleinkram, normales Alltagsgeschäft, das macht doch nicht müde? Tut es auch nicht. Das ist ja nur schmückendes Beiwerk zum eigentlichen Kerngeschäft, welches da ist: Unterrichten! DAS macht müde. Alles andere läuft nebenbei, während man schon (oder noch) müde ist. Das Schöne ist aber: Es macht auch Spaß. Mehr dazu im nächsten Post.

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