Es nährt sich inzwischen wieder einmal das Jahresende und es gibt nur noch wenige Tage zum Handeln an der Börse. Das Budget ist jedoch bereits für dies Jahr aufgebraucht und die Kriegskasse ist wieder einmal bis zum Anschlag leer? Du blickst auf ein gemischtes Jahr zurück? Einige Dinge liefen gut, andere hingegen eher schlecht. Dann aufgepasst!
Noch besteht ein wenig Zeit ein wenig sein Depot steuerlich zu gestalten und seine Aktien mit Verlust zu verkaufen! Aber Moment mal! Gerade der Gammastern predigt doch immer vom Buy & Hold und das man langfristig orientiert sein soll. Wieso soll man nun also plötzlich etwas verkaufen? Zudem wenn die Aktie unterhalb des Einstandspreises liegt und man diesen dadurch realisieren würde?
Während so manch einer anfangen wird mit der Hand vorm Kopf zu weddeln macht dies durchaus für einige Anleger Sinn. Machen wir uns nichts vor. Auch als klassischer Buy & Hold-Anleger hat man immer wieder ein paar Aktien im Depot, die schlichtweg nicht so funktioniert haben wie man es erwartet hat. Sie haben sich entgegen der Erwartung nicht nach oben hin entwickelt und sind kontinuerlich nach unten gefallen. Nun wartet man bereits eine ganze Weile auf die Erholung und das diese wieder über den Einstandspreis steigen, weil man ja keinen Verlust realisieren will?
Dies kann sich jedoch lohnen, wenn Du an anderer Stelle bereits Aktien im Depot verkauft hast und dabei einen Gewinn realisiert hast, musst Du auf das Delta zwischen dem Einstandspreis und dem Verkaufskurs eine Steuer von 26,3% zahlen. War die Aktie beispielsweise bei 100 € und ihr habt sie bei 150€ verkauft, fallen auf die 50€ Steuern an (ca. 13,15€ pro Aktie). Diese Steuer wird sobald der Freibetrag von 801€ pro Nase erreicht wurde an das Finanzamt automatisch abgeführt und ihr seht sie normalerweise nicht wieder.
Habt ihr hingegen gleichzeitig eine Aktie im Depot, die bei 100€ gekauft wurde und nun bei 50€ rangiert, könnt ihr diese Verkaufen und Eure Verluste realisieren. Dies wirkt zunächst einmal irrational und widersprüchlich, doch ihr könnt diese Verluste dann von Eurer Depotbank in einer Verlustbescheinigung bestätigen lassen. Die realisierten Verluste neutralisieren dann die Gewinne aus dem obigen Beispiel. 50€ Gewinn vs 50€ Verlust, macht 0€ und entsprechend eben auch keine Steuern darauf.
Dies ist somit eine gute Möglichkeit zum Ende des Jahres noch ein wenig das Depot zu sanieren und einige alte Titel aus dem Portfolio zu kicken, die man bereits eine ganze Weile auf der Abschussliste hat oder ihr eher ein wenig lustlos gegenüber steht. Gerade in einem guten Jahr in dem ihr auch Gewinne realisiert hat, lohnt es sich einmal genauer nachzusehen, ob sich dies irgendwo vielleicht lohnt.
Technisch gesehen kann es sich vielleicht sogar lohnen sich von einigen Premium-Aktien zu trennen um Gewinne zu realisieren. Gleichzeitig ein paar Low-Performer zu verkaufen und dann die Premium-Aktien wieder zurück zu kaufen. Vorteil ist, dass man somit beliebig Verluste generieren kann und seine Steuerlast ein wenig gesenkt bekommt.
Dies lohnt sich natürlich nur in gewisser Höhe wirklich, da sonst die Transaktionskosten die Steuerschuld leicht auffressen können. Und es gibt natürlich das Risiko, dass die Aktien dann ein paar Tage später nach oben geschnellt sind und nun teurer wieder eingekauft werden können. Macht solche Spielchen also nur, wenn ihr Euch wirklich sicher seid.
Doch traditionell ist die Zeit zwischen den Jahren an der Börse immer sehr ruhig und es passiert meist nicht mehr viel. Solche Tricks werden durchaus auch von Großanlegern genutzt um das Portfolio noch ein wenig ins richtige Licht zu rücken.
Aber vorsicht! Zu optimistisch sollte man nicht an solche Optimierungen gehen. Verluste von Aktien, lassen sich nur mit Gewinnen aus Aktien gegenrechnen. Wer z.B. Gewinneinkünfte aus Dividende erhält, kann diese nicht durch realisierte Verluste stunden. Gleiches gilt auch z.B. aus Kapitalerträgen von P2P-Krediten!
Ganz verloren gehen Verlust jedoch auch nicht. Wenn Du dieses Jahr welche realisiert hast, allerdings keine Gewinne hast, kannst Du einen Antrag auf Übertrag ins nächste Jahr stellen. In dem Fall werden die Verluste in den Topf ins nächste Jahr gutgeschrieben und können mit entsprechenden Gewinnen gegen gerechnet werden.
Auch Vorsicht bei ETFs und Fonds. Auch Gewinne und Verluste von diesen lassen sich nicht bei Aktien gegenrechnen, sondern nur unter einander. Dafür funktioniert die Steuergestaltung dort ganz ähnlich.
Zumeist empfinden nicht Aktionäre eine solche Möglichkeit der Steuergestaltung immer nicht als ganz fair. Dabei ist es das vom Grundsatz durchaus. Wenn der Staat sich an den Gewinnen beteiligen will, sollte er sich auch an den Verlusten beteiligen. Erst so motiviert man seine Bürger langfristig eben auch anzulegen und aktiv zu werden und das gesamte Steuerniveau steigt an. Würde der Staat immer nur die Hand aufhalten und man auf seinen Verlusten alleine sitzen bleiben, würde wesentlich weniger passieren.
Wer ein wenig Glück im neuen Jahr hatte, wird vermutlich sich dem Fiskus allerdings nicht entziehen können. Zumeist lief dieses Jahr exzellent und wer nur Gewinne realisiert hat, kommt nicht um die Steuer herum. So sieht es z.B. in diesem Jahr bei mir aus, da nahezu kein Titel im rot ist und die Transaktion es nicht wert wäre. Umso besser, bedeutet weniger Arbeit zum Ende des Jahres!
Vielleicht ist es für eine effektive Gestaltung in Eurem Depot auch bereits ein wenig zu spät. Ich halte es aber für wichtig zu wissen, dass es solche Möglichkeiten gibt und man sich zumindest frühzeitig im neuen Jahr dann damit befassen sollte. :)
Bitte beachtet, dass ich keine steuerliche Beratung hier anbieten kann. Bitte haltet vor jedlicher Aktivität Rücksprache mit Eurem Steuerberater und informiert Euch ausführlich über das Thema bevor ihr aktiv werdet. Jeder ist für sein Portfolio und seinen Aktivitäten selbst verantwortlich!