Granatapfelsplitter
Eine CultureClash-Story von Tizia Koese
Sujet-Verlag Bremen, 277 Seiten
copyright foto: tizia koese Motiv: Autorin TiziaKoese mit Buchcover "Granatapfelsplitter"
Kurzvideo anlässlich der Buch-Erscheinung "Granatapfelsplitter". Eine Tüv-Plakette anderer Art: der Gen-Tüv
Video gedreht von Rüdiger Behrens
Granatapfelsplitter
Şaziye lebt frei und exzessiv ihre Bedürfnisse aus und entspricht so gar nicht dem Klischeebild, das viele von einer Muslimin haben. Als Uni-Dozentin hat sie einen guten Stand im Job. Sie kleidet sich offenherzig und bändelt mit Männern an, die sie nach Lust&Laune wieder verlässt.
Die Begegnung mit dem Modemacher Kai setzt dem ein abruptes Ende. Şaziye wird ungewollt schwanger von ihm und weil sie weiß, dass ihr türkischer Vater ein eheloses Kind nicht dulden würde, will sie das Kind abtreiben.
Kais Eltern, die zur Haute Volèe gehören, lassen Saziye fühlen, dass sie sich keine Türkin als Freundin ihres Sohnes wünschen. Mit ihrer erzkatholischen Haltung sprechen sie sich gegen eine Abtreibung aus. Kais Mutter droht ihr: „Wenn Sie abtreiben, machen Sie sich zur Mörderin und kommen in die Hölle.“
Şaziye treibt ab. Sie glaubt weder an Hölle noch Himmel, aber die Schuld, die sie spürt, macht ihr Angst und sie fragt sich, ob sie nicht doch in der Hölle schmoren muss.
Die Enttäuschung mit Kai führt dazu, dass sie sich von ihren Hamburger Freunden abwendet und sich mit ihren muslimischen Kameraden trifft. Sie fliegt über Istanbul nach Riad und dort zeigen ihr ihre neuen „Freunde“ offen, dass sie Kontakte pflegen zu radikalislamischen Kreisen.
Auf den orientalischen Basaren deckt Şaziye sich mit prallen Granatäpfeln ein, die ihr in Hamburg entwurzelt und fade vorkommen wie ihr eigenes Leben. Die Islamisten machen ihr ein verlockendes Angebot: Wenn sie Christen tötet, kommt sie als Belohnung dafür in das Paradies. Şaziye weiß, wie absurd das ist, dennoch wirkt das irrationale Paradiesversprechen verführerisch auf sie, weil sie darin eine kleine Chance sieht, ihre Seele vor der Hölle zu retten: lieber im islamischen Paradies als in der christlichen Hölle landen. Wird sie all ihre libertären Ideale über Bord werfen und im Kölner Dom tatsächlich ihren Sprengstoffgürtel zünden?
Leseprobe „Granatapfelsplitter“: Seiten 265-266
Hauptfigur Saziye führt ein imaginäres Gespräch mit dem Zeichner Sempé, kurz danach soll sie den Knopf an ihrem Sprengstoffgürtel drücken und Christen in die Luft jagen
„Ich hoffe, im Paradies Debussy zu begegnen“, sagte Sempé zu Şaziye. Sie regte sich auf. Wie konnte dieser Pinselschwinger sich dessen gewiss sein, dass er im Paradies landen würde und wie konnte er vor allem wissen, dass Debussy sich bereits dort aufhielt? Woher nahm dieser Sempé eine solche Selbstgewissheit?
„Herr Sempé, warum beanspruchen Sie für sich das Paradies und tun dies auch noch öffentlich kund? Sie wissen doch, wie berühmt Sie als Zeichner sind und dass Sie viele Anhänger haben. Auch Ihre Anhänger gehen vielleicht wie selbstverständlich davon aus, dass es Himmel und Hölle gibt und dass der eine den Himmel, der andere dagegen die Hölle verdient hat. Finden Sie das nicht fahrlässig angesichts der Zweifel, die angebracht wären gegenüber einem so windigen Konstrukt?“
„Jetzt lassen Sie mal dieses Tamtam beiseite“, konterte er ungehalten, „es ging doch nur darum, dass man mich öffentlich gefragt hat, was ich in den letzten Stunden meines Daseins tun würde und was mir angesichts des Jenseits wichtig wäre – da habe ich dann so geantwortet – öffentlich, da ich ja auch offiziell gefragt wurde von so ’nem dahergelaufenen Reporter eines Schweizer Blattes.“
„Dennoch, Herr Sempé, möchte ich Sie darauf hinweisen, dass es ja noch angehen möge, dass Sie sich einigermaßen einen Überblick über Ihr eigenes Leben verschafft haben und am Ende resümieren können: ‚Ich lande im Paradies.’ Wieso aber setzen Sie voraus, dass Debussy vor Ihnen ebenfalls dort gelandet ist? Sie können doch gar nicht wissen, was für ein Leben er im Detail geführt hat und ob die Götter oder sein Gott oder welcher Gott auch immer den Himmel für ihn zugeordnet haben, nicht wahr?“
„Jetzt machen Sie aber mal halblang, liebe Frau Şaziye, drehen und wickeln Sie mir doch keinen Strick aus einem Spruch, den jeder macht.“
„Ja, aber genau darüber rege ich mich ja auf: Dass alle diese Begriffe unreflektiert übernehmen und im Grunde kaum jemand darüber nachdenkt, was mit all jenen armen Kreaturen ist, die das dann todernst nehmen, weil sie an die Möglichkeit denken, dass sie in der ungleich ungemütlicheren Version namens Hölle landen könnten!“
„Wissen Sie was, Ihr verschraubtes Gequatsche interessiert mich nicht, lassen Sie mich und meinen Spruch einfach in Ruhe, d’accord? Ich wollte mit diesem ParadiesSatz nicht mehr und nicht weniger zum Ausdruck bringen, als dass ich Debussy verehre. Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte, ich würde gerne ungestört an meiner Zeichnung weitermachen.“
Şaziye blickte auf das weiße Blatt. Mit wenigen Strichen hatte Sempé eine junge Frau skizziert, die am Klavier saß.
„Wenn Sie es genau wissen wollen: Sie spielt ein Stück von Debussy“, mit diesen Worten wies er zur Ausgangstür.
Şaziye verließ deprimiert Sempés Werkstatt. Sogar so ein großer Zeichner wie er war dem Dualismus Himmel/ Hölle verfallen. Mit welcher Nonchalance er sich selbst dem Himmel zuwies – und dann gleich in Gesellschaft von Debussy. Şaziye fühlte sich wieder einmal ausgeschlossen von allem.
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