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Stille und Ruhe

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Heute mal kein Gedicht, obwohl das Thema sicher auf meinem Programm steht.

In täglichen Gesprächen oder beim Stöbern im Web finde ich nicht selten Beiträge, aus denen hervorgeht, dass die Worte „Stille“ und „Ruhe“ kaum differenziert werden. Das eine wird für das andere verwendet und nicht selten verkehrt.

Wenn ich über solche Dinge schreibe, dann beziehe ich mich auch nicht auf den Duden oder andere Quellen, die vermeintlich die Deutungshoheit zu besitzen glauben. Ich schreibe hier aus meinem eigenen Verständnis heraus.

Da ruft jemand z.B. aus dem Fenster „Ruhe“ und meint eigentlich „still sein“, da lese ich „sitzt Stille“ und gemeint ist eigentlich „ruhig sitzen“. Keiner kann stillsitzen, weil sitzen an sich kein Geräusch verursacht und niemand kann leise sein, nur weil er ruhig ist. Ich habe den Eindruck, dass die deutsche Sprache immer mehr verlodert.

Ruhe bezieht sich auf Bewegung, und Stille auf hörbare Frequenzen.
Wenn es still ist, ist es leise, lautlos.
Wenn Ruhe herrscht, bewegt sich wenig, wobei ich hier nur die Makrowelt meine. In physikalischem Sinne basiert ein Ton, ein Geräusch ja auch auf Bewegung (Schwingungen, Frequenzen). Diese Schwingungen benötigen ein Medium, um sich auszubreiten und damit hörbar zu sein.

Ich gehe davon aus, dass unsere Sprache sich auf den Alltag bezieht, auf das was wir sehen oder mit anderen Sinnen erfassen können. In dieser Betrachtung ist unsere Sprache entstanden. Eine Schwingung auf der molekularen Ebenen können wir nicht sinnlich erfassen, jedenfalls meistens nicht, und deswegen denke ich, sogar große und bekannte Dichter haben hier das eine oder andere Missverständnis von den Worten „Ruhe“ und „Stille“. Man denke nur an das Weihnachtslied „Stille Nacht“. Wusstet ihr, dass die UNESCO dieses Lied zum immaterielles Kulturerbe Österreichs erklärt hat? Ist Weihnachten mit weniger Bewegungen verbunden? Nein, es ist eventuell etwas leiser. Das Lied müsste eigentlich heißen: „Ruhige Nacht“.

Ich will gar nicht tiefer in die Etymologie der Worte einsteigen, obwohl das allgemein bei allen Worten sehr interessant ist, sondern nur zum Ausdruck bringen, dass ich denke, hier wird schon sehr lange falsch „verstanden“. Sogar Wikipedia schreibt: „Stille sei: Die Abwesenheit von Lärm.“
Kommt „Stille“ nicht von „still“ (unbewegt)? Dann wäre sie dem Wesen nach ein Ausdruck von Bewegung und nicht von Geräuschen.

Ok, Wikipedia macht auch keinen Unterschied zwischen „Volk“ und „Bevölkerung“, obwohl es hier einen gewaltigen Unterschied gibt. Volk ist eine Bezeichnung, ein Substantiv, für eine zu einem Gebiet zugehörige Gruppe von Menschen, und „Bevölkerung“ ist ein Verb und damit eine Tätigkeit. Das fällt bei den Worten „Volk“ und „Bevölkerung“ nicht sofort auf, weil wir darauf sozusagen eingeschossen sind seit Generationen. Vergleichen wir hier jedoch diese beiden Worte mit „Wasser“ und „Bewässerung“, dann wird es sehr offensichtlich, dass hier falsche Dinge vermittelt werden.
„Ich trage einen Krug Wasser“ oder „ich bewässere den Garten“, geben dem „Wasser“ oder der „Bewässerung“ eine komplett andere Bedeutung.

„Wasser“ ist nicht dasselbe, wie „Bewässerung“, genauso ist „Volk“ nicht dasselbe wie „Bevölkerung“ und „Stille“ nicht dasselbe wie „Ruhe“. Warum lernen wir dann die Dinge so, wie wir sie lernen? Wissen die es nicht besser? Diese Frage kann ich nicht beantworten. Ich sehe hier die gleiche allgemeine Oberflächlichkeit, wie bei vielen anderen Dingen und das betrifft auch nicht nur die deutsche Sprache. Das fängt schon mit den Übersetzungen der Bibel an. Das alte Testament wurde aus dem Hebräischen übersetzt und das neue aus dem Griechischen. Beiden Sprachen sind total anders. Hebräisch ist sehr nah am Wesen und betrachtet alles direkt und beschreibend, während Griechisch eher indirekt ist und mehr umschreibt als zu beschreiben. Daraus resultiert auch, dass das alte und das neue Testament so ganz und gar nicht zu einander passen. Ok, hier liegen auch ein paar hundert Jahre dazwischen, doch trotzdem scheint beiden Büchern ein anderer Geist innezuwohnen. Das ist jedoch auch nur meine eigene Interpretation.

Komme ich auf „Stille“ und „Ruhe“ zurück, dann kann man auf die Idee kommen und fragen: hey, hat der lange Weile? Das zu beurteilen liegt in der Natur des Betrachters und lange Weile habe ich nie wirklich. Ich schleppe nur manchmal Gedanken mit mir herum und wenn ich diese geschrieben haben, dann fühle ich mich besser 😊.

Es hat mich sehr gefreut!