Tage wie diese tun mir immer besonders leid. Ein Bekannter hat sich heute groß in einige DAX-Unternehmen eingekauft und heute morgen freudestrahlend berichtet, dass er damit ja den richtigen Riecher hatte. Ich war da eher verhalten begeistert. Zum einen ist der DAX nicht für jedes Portfolio wirklich eine gute Idee, zum anderen eben weil ich keineswegs denke, dass es bereits vorbei ist.
Ja, es gibt eben die Glücklichen unter uns, die noch etwas Cash auf der hohen Kante haben und ausschließlich über Eigenkapital investieren. Das ist langsam und ein schwieriger Weg, aber es gibt eben auch keinen Margin Call der über Nacht über uns hereinbringt und zu schmerzhaften Liquidierungen führt.
Ich warne immer vor automatischen Gedanken a la „Was runter geht, geht auch wieder hoch!“. Dies mag gerade bei großen Unternehmen verhältnismäßig oft der Fall sein, ist aber kein Naturgesetz. Man denke nur einmal an das jahrelange Siechtum von Infineon. Da brauchte man schon ein wenig Sitzfleisch um dort halbwegs durch zu kommen. Etwas genauer sollte man schon ansehen, was man sich ins Depot packt.
Eine solche Chartmentalität ist aber etwas, dass ich ablehne und eher mit Glücksspiel in Verbindung bringe. Entsprechend wäre mein Rat sich noch ein wenig mehr in Geduld zu üben und ruhig ein wenig länger an der Seitenlinie zu stehen. Ich meine man denke nur mal an all jene, die in der vorletzten Woche bereits abgestraft wurden und dann am Monat über die typische Klippe gegangen sind, die fast jeder Titel auffweist.
Hier am Beispiel Cola, wo der Rebound extrem makant ist. Diesen ausgestreckten Mittelfinger kann man aber bei fast jedem Titel in irgend einer Ausprägung finden. Eben die Schnäppchenkäufer, die einen guten Discount sahen und bereits losgingen und nun ein langes Gesicht ziehen. Und wenn man in der Krise ein wenig Seelenfrieden sucht, ist der Lauf in eine Messerwand ein denkbar schlechter weg um sich zu beruhigen. ;)
Aber gut, wenn niemand den Markt vorhersagen kann, was soll man dann tun? Ruhig einmal etwas Abstand von Charttechnik und mystischer Rauf-Runter-Magie. Sondern sich die Frage stellen, was eigentlich aktuell gerade die Panik am Markt auslöst. Klar, Corona! Aber der Virus selbst, interessiert die Börse nicht die Bohne.
Vielmehr ist es die Unsicherheit, die damit einher geht. Die Börse hasst nichts mehr als Unsicherheit. Ein neuartiger Virus den niemand so genau kennt. Für den es kein Heilmittel gibt? An der immer mehr Menschen überall auf der Welt erkranken. In denen plötzlich ganze Produktionsketten zusammenbrechen, die Reisefreiheit eingestellt wird, alles mögliche abgesagt und storniert wird und sogar ganze Länder im Shutdown stehen.
Da steht der verängstigte Investor daheim zu Hause und weiß gar nicht wo er mit dem Gruseln anfangen soll. Jedes Mal, wenn er denkt, dass man nun ein schlimmes Szenario erreicht hat, kommt der nächste Knüppel rein. Wie soll man da den Berechnen, was man am Ende des Jahres verdient? Und mit jeder Unsicherheit wächst seine Angst. Wie weit werden die eigenen Unternehmen von den Shutdowns betroffen werden.
Event-Veranstalter und Reisebüros vermutlich etwas mehr. Aber was ist mit einem Chemiekonzern? Was wenn dieser Lacke für Autos produziert, die niemand mehr haben will? Das kann schnell komplex und unübersehbar werden. Und je mehr Leute vor die Kamera springen, hysterisch schreien, desto schneller wird der eigene Streßlevel aufgeheizt. Und irgendwann, wenn dann der Prepper vor der Haustür entlang zieht und sich auf Plünderung macht, knallt jedem die Sicherung durch. Das Ende ist nah!
Ausgerechnet Italien erwischt der Shutdown. Einer der Länder auf die bereits sorgenvoll in den letzten Jahren geblickt wurde und nun eine ziemlich Katastrophe zu verkraften hat. Es gehört nicht viel Fantasy dazu, dass dieses Thema noch auf einem zu kommen wird. OMG! Weltuntergang und dann auch noch Eurokrise in Italien! Noch mehr Unsicherheit!
Und während die ersten besonders heiklen Börsianer sich aus den Fenstern stürzen, weil die geplante Rally überraschend abgesagt wurde und nun der Margin Call über sie zieht wie ein schwarzer Schatten... dann fangen sie an Dinge zu liquidieren und sich von Dingen sehr schmerzhaft zu trennen.
Man denke nur mal an RIB für die es ein Übernahmeangebot von 29€ im Sommer gab. Menschen verkauften sie teilweise für 25€. Schlichtweg weil sie Geld brauchten und eben keine Käufer da waren. Hier sieht man förmlich die Annektote vom großen Kostolani der von einem Makler wusste bei denen jeder wusste, dass er Pleite war. Er für eine Aktie 140 haben wollte. Alle mit dem Kopf schüttelten. 135? Alle mit dem Kopf schüttelten. 110! Immer noch ... solange bis irgendwann die Angst der Leute zu groß wurde, dass die anderen diese günstige Beute sich wegschnappen könnten.
Genau dies passiert. Und genau dies passiert auch heute und wird auch den Goldpreis sinken lassen. Wieso sinkt den Gold, es ist doch Krise! Was taugt eine Krisenwährung, wenn sie in der Krise wert verliert. Weil Leute Geld brauchen und beginnen Werte zu liquidieren und die Verkäufer die Oberhand bekommen.
All dies muss auch erst einmal eine Weile wirken. Die zittrigen Hände sind noch nicht überall nervös genug. Aber sie starren entsetzt auf die Charts und sehen, wie es abwärts geht. Und irgendwann packt auch sie die Angst und sie verkaufen doch. Was immer mehr Leute nervös macht.
Krise ist nicht nur ein paar Tage. Krise ist länger und mehr als nur ein wenig Kurse nach unten. Wartet mal ab bis der Corona, Italienkrise die ersten Tribute bei den Unternehmen fordern und ein paar bekannte Namen in sich zusammenbrechen. Leute ihre Arbeitsplätze verlieren. Noch viel mehr Unsicherheiten lauern dort hinter jeder Ecke! Da ist noch potenzial nach unten...
Eine echte Krise hat immer auch etwas bereinigendes. Es zerstört ineffektive Unternehmen, die sich nicht richtig anpassen können. Und durch das billige Geld gibt es durchaus Indikatoren, dass dort draußen einige Zombie-Unternehmen rumlungern denen die Puste ausgeht, sobald etwas ihnen einmal gegen das Schienbein tritt.
Versteht mich nicht falsch! Das soll keine technokratische Beobachtung sein. Es hängen sehr viele individuelle Schicksale davon ab und dies ist wirklich tragisch. Aber all dies gehört zu einer solchen Krise leider auch dazu. Mit dem Vorteil, dass danach Unternehmen gestärkt heraus gehen und Märkte auch disruptiv verändert werden, weil sich auf den Ruinen der alten Riesen viel bessere herheben.
Oh je! Ich klinge schon ein wenig wie ein Untergangsprophet. Es ist aber absolut nicht meine Absicht irgend jemanden von Euch Angst zu machen... die Hände zittrig, damit er zur Börse eilt um schnell noch alles zu verticken. Nein, gerade als langfristiger ist dies eben auch nur ein Sturm im Wasserglas und wird wieder vergehen. Das menschliche Gehirn arbeitet halt so, dass ferne Zukunften schwerer vorstellen lassen als nahe Ereignisse. Dies kann man sich nicht oft genug vor Augen führen.
Alles was ich sagen will ... verschießt nicht gleich das erste Pulver bei jedem kleinen Ausschlag nach oben. Solange die Märkte nervös sind, kann man dort sehr schnell ins Messer greifen. Und vielleicht geht es den Rest der Woche ja noch weiter runter.
Jaja, was macht man wenn die Kurse wieder nach oben steigen? Was wenn man nun die guten Kurse verpasst? Lasst nicht die Gier die Oberhand gewinnen. Gebt den Markt auch die Chance zu zeigen, dass er nicht mehr vollends unter Druck steht und kauft lieber eine kleine Prämie drauf, weil man nicht den absoluten Mittelpunkt perfekt getimt hat.
Wartet erst ein wenig ab bis die Unsicherheit ein wenig verzogen hat. Wenn die Zahl der Infizierten wirklich eine Weile rückläufig ist. Wenn der Prepper sich die Maske vom Gesicht reißt. Irgend etwas das nicht nur Euch die Zuversicht gibt, dass nun endlich wieder alles gut wird.
Wer die Krise dann genutzt hat zum Sammeln ist immer noch einer der Ersten, die dann wieder am Markt sind und die volle Goldtruhe aufmachen können. Glaubt mir, die meisten Börsianer sind keine mental gestählten Elitekrieger, die sofort nach dem ersten Nebel wieder die Fassung erlangen und effektiv loslegen. Viele sind völlig traumatisiert und brauchen teilweise Jahre bis sie überhaupt wieder aus der Ferne die Börse beobachten.
Und natürlich werden sich die instituionellen Anleger sehr schnell danach positionieren und sich auch auf die Schnäppchen werfen wie die Geier. Aber solange sie sich noch aus dem Fenster schmeißen, kann man die Treppe ja auch schon einmal langsam hochgehen. Die Börse ist am Ende eben kein Sprint.
Verfeuert das Pulver also nicht gleich jetzt, sondern nutzt die Zeit lieber um ggf. die Watchliste entsprechend zu verbessern und Unternehmen zu finden, die man wirklich die nächsten 20 Jahre haben will. Und nicht nur irgendwelche, die besonders tief gefallen sind und deswegen ja wieder hoch kommen müssen!
In diesem Sinne noch einen Kostolany:
Börsengewinne sind Schmerzengeld. Erst kommen die Schmerzen, dann das Geld.
Dieser Kommentar ist keine Börsenempfehlung, sondern mein persönlicher Gedankengang zu den aktuellen Situation. Die Einschätzung kann vollkommen falsch sein und die apokalyptischen Reiter bereits im Anmarsch sein. Macht Euch daher ein eigenes Bild von der Lage und geht so weise mit Euren Finanzen um, wie es Euch möglich ist
Gelobt sei die Armee der hirntoten ETF-Sparplan-Inhaber. Sie müssen keine Value Investments finden, sondern ziehen ihren Weg einfach so weiter wie eh und je. Stets ein wenig Verzweifelung im Herzen von dem fehlenden Hirn um sich herum, aber dafür ohne jedliche Eile. Am Ende erwischen sie immer jemanden! ;)
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